Auf Spurensuche

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arnoe Avatar

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Anja Reich zeichnet das Leben einer Freundin aus längst vergangenen Tagen nach. Das Leben von Simone, so normal, so banal und doch unglaublich fesselnd.
Jeder, der mit dem Tabuthema Suizid, direkt oder indirekt in Berührung gekommen ist, hat sich sicherlich gefragt: Hätte ich es kommen sehen müssen? Oder hätte ich es verhindern können? Und wieso hat er/sie es getan?
Anja Reich zeichnet nüchtern und in klarer Sprache das Leben Ihrer Freundin nach. Rekonstruiert aus Gesprächen, Tagebucheinträgen und Erinnerungen verschiedener Menschen aus Simones Umfeld.
Heraus kommt ein differenziertes Bild, da nicht jeder gleich über sie gedacht hat und nur spezielle Bereiche von Simones Leben, Gefühlen, Taten und Ansichten geteilt hatte.
Es ist lange her, dass sich Simone umgebracht hat und es war sicherlich nicht leicht, die Erinnerungen an sie, an den Suizid in den Menschen wieder hervorzubringen.
Herausgekommen ist ein grandioser Text, der nur an ganz wenigen Stellen hätte gekürzt werden können. Als Leser lernt man Simone (und die Menschen um sie herum) kennen und darf sich ein eigenes Bild davon machen, warum sie das Leben nicht ertragen hat.
Im Spannungsfeld eines untergehenden Staates, beschreibt Frau Reich auch noch für mich erstmalig treffend und verständlich, wie sich »die Wende« unterschiedliche auf die Bürger der DDR ausgewirkt hat.
Dankbar bin ich besonders für ein Wort in diesem Zusammenhang, das mir bislang in diesem Kontext noch nie begegnet war.
Statt Wende »der Bruch«.
Ein Bruch im Leben vieler DDR-Bürger und wie sich diese Zeit in ihr Leben geschlichen, eingemischt und brutalst verändert hat.
Nicht jeder konnte damit umgehen.
Simone erst recht nicht.

Für eine fundiert und sprachlich tadellos geschriebene Spurensuche eine klare Empfehlung und 5 Sterne