Eine tödliche Reise in die Vergangenheit

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mausi_liest Avatar

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Florida hat ihre Entlassung aus dem Gefängnis im Kopf schon tausendmal durchgespielt. Dort sitzt sie wegen Körperverletzung. Und dann kommt alles anders, als sie sich es erträumt hat. Wegen der Coronapandemie wird sie vorzeitig aus der Haft entlassen. Nicht nach Los Angeles, wo sie herkommt; sie wird von der Gefängnisverwaltung in einem Motel einquartiert, das sie nicht verlassen darf. Entgegen allen ihren Bewährungsauflagen macht sie sich in einem illegal verkehrenden Bus auf nach Los Angeles. Die Fahrt nach Kalifornien führt sie in ein gelähmtes Land, in dem Angst und Verunsicherung herrschen. Und die Geister ihrer Vergangenheit begleiten sie.
Ivy Pochoda hat ein zum Teil erschreckendes, atmosphärisch dichtes Buch geschrieben, das mehr als ein Thriller ist. Sie taucht ein in die Schattenseiten des Menschen. In der Zeit der Isolation und der Vereinzelung in der Gesellschaft beschreibt Pochoda mit meisterhafter Genauigkeit, wie erfahrene Verletzungen, Wut und Ausweglosigkeit zur Triebfeder menschlichen Handelns werden. Verstrickt in ihr individuelles Schicksal sind alle Protagonisten Gefangene ohne Chance auf Veränderung.
"Sing mir vom Tod" hat mir sehr gut gefallen, weil es sich von der üblichen Thrillerkost durch seine Tiefe abhebt. Dabei ist es spannend bis zu letzten Seite.