Gewalt

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robertp Avatar

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Im Gefängnis erzählt eine Mörderin über ein Bild, ein Wandbild an einer Kreuzung in L.A., das sich beim Betrachten bewegen soll. Es ist die Geschichte zweier Frauen, Dios und Florida und an dieser Kreuzung endet alles.
Der Roman spielt in der Zeit um 2020, Corona lässt die Städte Amerikas vereinsamen. Die Straßen sind leer, nur wenige laufen ohne Maske durch die endlosen Straßenzüge. Was ist das Geheimnis der beiden Frauen? Kace, eine Mörderin, erzählt die Geschichte aus dem Gefängnis heraus, sie war mit einer der beiden in einer Zelle eingesperrt.
Florida kommt aus geordneten Verhältnissen, wird jedoch früh eine Müßiggängerin und steht immer kurz davor das Gesetz zu verletzen. Schließlich wird sie mitschuldig am Tod zweier Menschen.
Dios Vergangenheit bleibt rätselhaft, von Gönnern unterstützt macht sie ihren Highschoolabschluß und muss dann wegen schwerer Körperverletzung in den Knast.
Die beiden sind verbunden durch Tina, ein Mithäftling, die bei einer Revolte zu Tode kommt. Seit diesem Zeitpunkt verfolgt Dios Florida, da sie diese für Tinas Tod verantwortlich macht.
Beide Frauen werden vorzeitig entlassen, sollen die Quarantäne im selben Motel absitzen. Als Florida Essen holen will ergreift sie die Möglichkeit mit einem illegalen verkehrenden Reisebus in ihre Heimat L.A. zurückzukehren. Die sie beobachtende Dios steigt ebenfalls in den Wagen, ein mitfahrender Gefängnisaufseher stirbt und eine Spirale der Gewalt beginnt sich um die beiden Frauen zu drehen.
Im ersten Teil wird die Geschichte in schwierig zu lesenden Passagen aus Retrospektive und Gegenwart erzählt. Dominat ist hier Kace, die von Toten aufgesucht wird und von diesen Informationen über Florida und Dios erhält. Erst mit dem Auszug aus dem Gefängnis und dem Auftritt der ermittelnden Kriminalistin Lobos entsteht ein gleichförmiger Erzählstrang. Auch Lobos ist eine Getriebene, sie ist die weitaus bestens beschriebene Figur des Romans. Ihr Leben, so problematisch es auch ist, kann nachvollzogen werden und macht sie sympathisch. Auch sie wird von Dämonen getrieben (ihrem Ehemann) wird aber am Ende diese abstreifen.
Spannend sind die losen Enden (wer hat wen getötet) die erst spät verknüpft werden. Die Gewalt die Dios ausübt, um Florida auf ihre – die dunkle – Seite zu ziehen, ist für mich nicht nachvollziehbar, so wahllos tötet diese Frau. Ein Satz von Dios ist für mich prägend „Nichts .. ist vorbei. Es hat gerade erst angefangen“. Und so schreibt Ivy Pochoda auch diesen Roman, immer nach vorne zum nächsten Unglück, zum nächsten Toten. Es gibt den Stillstand – wie beim Western – erst auf der leeren Straße, wenn sich die Frauen gegenüberstehen und Lobos eine Entscheidung treffen muss.
Lob meinerseits geht vor allem an den Übersetzer Stefan Lux, der unter anderem die komplexen Gedanken von Kace sehr ansprechend niederschreibt.
Für alle die einen Roman lesen wollen, in dem ausschließlich Frauen von Gewalt beherrscht werden und ihrerseits diese Gewalt ausüben. Das Geschehen spielt im übervollen Gefängnis und auf nahezu einsamen – dank Korona – leeren Straßen, wie wir es aus den alten Western kennen und mit einem „shootout“ endet es ja auch.