Starke Story, starke Frau

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emmmbeee Avatar

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Doolouth 1849: Viele hungernde Iren machen sich im Winter auf eine beschwerliche Wanderung, um beim Grundherrn Hilfe zu erbitten. Die Bitte wird rüde abgewiesen, den zerlumpten Menschen bleibt nur der Hunger und der Entschluss, nach Amerika auszuwandern. So der Rahmen, in dem der Fokus auf die sehr junge Honora gerichtet ist.
In größter Not aufgewachsen, wird dem jungen Mädchen buchstäblich alles genommen, was sie je besessen oder sich gewünscht hatte. Da entschließt sie sich zu einem unmöglich scheinenden Schritt, zieht ihn wider Erwarten durch. Sie kämpft sich ohne langes Zögern immer wieder aus Situationen, die andere Frauen längst hätten aufgeben lassen, und geht unbeirrt ihren Weg, dies- und jenseits des Ozeans.
Sie hat die Welt rings um sich nie anders als feindlich erlebt, ist früh vorsichtig geworden und hat nie mehr als das Notwendigste gesprochen, ist teilweise gänzlich verstummt. Dafür hat sie umso mehr beobachtet und verfügt über eine große Menschenkenntnis, viel Überlebenswillen und ist schnell entschlossen. Das ist ihr oft von Nutzen.
Bei ihrer Geburt tauchte ein piseog auf, ein Rotkehlchen, das gemäß des Volksglaubens Unglück ankündigt. Auf diese Weise wird er zum Motto ihres Lebens, „…als wäre der Flug des Vogels ein Faden, der sich durch das Gewebe ihres Lebens zog.“
Und doch scheint er für die junge Frau eher wie ein Hoffnungszeichen. Alles hat sie bisher überlebt und überstanden, sie wird sich auch dem kommenden Ungemach mit erhobenem Kopf entgegenstellen.
Viel wurde bereits über die anlässlich der Hungersnot ausgewanderten Iren geschrieben, selten aber über allein reisende Frauen. Was hat der Hunger mit ihnen gemacht, nicht zu vergessen mit ihrem weiblichen Organismus? Was für Überlebens-Möglichkeiten hatten sie?
In kraftvollem, unprätentiösem Stil gehalten, spannt sich der Handlungsbogen über fünf Jahre und zwei Kontinente hinweg. Die Spannung steigt mit jedem Kapitel, wird manchmal fast unerträglich. Wird das Schicksal eintreffen, was ich für Honora befürchte? Oder wird es in letzter Minute abgewendet? Natürlich nicht.
Bemerkenswert ist auch die Parallele zu manchen indigenen Völkern, die so wie die Iren enteignet und vertrieben, zu Heimat- und Rechtlosen gemacht wurden. Historisch belegt sind, mitten in der schlimmsten Hungersnot 1847, die Spenden der Choctaws an die notleidenden Iren.
Am Ende des Buches gibt es ein Interview mit der Autorin anlässlich einer Buchpreisverleihung. Hier sind weitere Einblicke in das Leben und die Geschichte der Iren gegeben. Ein nicht nur nahegehendes, sondern sehr interessantes Werk, das ich eigentlich allen empfehlen kann. Ich erhoffe mir noch mehr Übersetzungen der Werke von Jacqueline O‘Mahony ins Deutsche.