Eine ganz andere Sicht auf Menschen und Geschichte

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ilonar. Avatar

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Ein Zeitzeuge der besonderen Art, das ist Sirius, ein „Jüdischer Foxterrier“. Und ein Buch der ganz besonderen Art ist auch das gleichnamige Buch von Jonathan Crown.

Sirius, Familienmitglied der Familie von Prof. Liliencron in Berlin, wuchs die ersten Monate seines Lebens mit dem Namen Levi auf. Im August 1938 verfügen die Nationalsozialisten eine Verordnung zur Änderung jüdischer Namen, das gilt dann auch für ihren Hund, so meint die Familie Liliencron und so wird aus Levi kurzerhand Sirius. Schnell gewöhnt sich der clevere Sirius an den neuen Namen und macht sich so seine Gedanken, im Besonderen zu dem doch manchmal sehr befremdlichen Verhalten der Menschen.
Viel zu spät erkennt die Familie, dass sie in Deutschland nicht werden bleiben können, mit Hilfe gelingt die Ausreise zunächst in die Schweiz, dann nach Italien und von dort geht es mit dem Schiff über den großen Teich. Damit endet der erste Teile des Romans, im zweiten Teil landen Sirius und seine Menschen schließlich in Hollywood. Als gefeierter Wissenschaftler, Liliencron ist Planktonforscher, findet sich dort natürlich keine Anstellung und so verdingt sich Carl Liliencron als Chauffeur bei einem angesagten Filmstar.
Durch Zufall wird Sirius für den Film entdeckt und Jack Warner will gleich mehrere Filme mit ihm drehen. Einerseits findet der Hund dies reizvoll, hat auch eine Zeitlang Spaß daran, der berühmte Darsteller Herkules zu sein. Als dann eine Fortsetzung und dann die Fortsetzung der Fortsetzung gedreht werden sollen, macht sich Sirius so seine ganz eigenen Gedanken – über seine Rolle, über die Traumfabrik an sich, über die ganz großen Stars der damaligen Zeit, von denen viele im Buch auftreten. Wir bzw. Sirius und seine Familie treffen nicht nur Jack Warner, auch Marlene Dietrich, Clark Gable, James Stewart, Humphrey Bogart, Billy Wilder und viele mehr laufen uns mehr oder weniger beiläufig über den Weg. Schließlich landet Sirius bzw. Herkules beim Zirkus und soll mit auf eine große Tournee rund um die Welt. Aber – es geht etwas schief bei einer der Attraktionen und so landet Sirius unvermittelt dort, wo alles begann, in Berlin.
In diesem dritten Teil ist er zunächst als Familienhund bei einem Adjutanten Hitlers, schließlich als „das Hunderl“ bei Hitler selbst. Und natürlich kann er auch hier, wie schon in den vorherigen Kapiteln, Einfluss auf die Geschehnisse in seiner Umgebung nehmen. Bei der Umgebung, in der sich Hansi, ein deutscher Hund muss einen deutschen Namen haben, jetzt bewegen darf, heißt das gleichzeitig auch Einfluss nehmen auf das Weltgeschehen. Und so wundert es den Leser nicht, dass Sirius die Nazigrößen ebenso erlebt wie die Männer des Widerstands um Graf von Stauffenberg.
Am Ende überlebt Sirius zwar, das Ende aber ist trotzdem tragisch. Ob er seine Familie Liliencron jemals wiederfinden wird, bleibt offen.
Zugegeben, anfangs habe ich mit dem Buch, insbesondere auch mit dem Cover, schwergetan. Aber nach der Lektüre, bei der man sich ständig fragt, ob dies eine Satire, eine Persiflage, eine Komödie ist oder ob der Autor hier wirklich historisch erzählen will, hat sich dieses Schwertun total gewandelt. Am liebsten hätte ich ganze Passagen laut vorgelesen, denn in Sirius Gedanken und in seinem Wundern über die Menschen, über die Welt im Allgemeinen hält er uns und den Ereignissen in einer Art und Weise den Spiegel vor, dass man einerseits laut auflachen möchte und einem gleichzeitig manchesmal das Blut in den Adern gefriert. Was ich damit meine, daran lässt das nachfolgende Zitat keinen Zweifel:
„ Also kam ein Foxterrier ins Haus. Hansi.
Dem Hauptsturmbannführer ist die Rasse letztendlich ziemlich egal, solange es sich um Hunde handelt. Bei Menschen ist das natürlich eine andere Sache. Mensch ist nicht Mensch, oh nein, da kommt es auf die Rasse an.“

Kurzum – dieser Roman hat mich begeistert, einerseits wegen der Leichtigkeit der Erzählweise, andererseits aber aufgrund seiner vielen tiefgehenden Gedanken.
Lesen Sie die Geschichte von Sirius, sie werden es nicht bereuen.