Ein Flirt mit der Geschichte

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bücherkarin Avatar

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Felix Stephan ist Journalist und begleitet seine Mutter, die einem Familiengeheimnis auf der Spur ist, in die Ukraine und nach Israel. Er berichtet über dortige Erlebnisse nahezu dokumentarisch und ohne schmückendes Beiwerk.
zum Inhalt: Felix Großeltern waren in der DDR prinzipientreue Genossen und aufrechte Kommunisten, die vom Parteiapparat anerkannt waren. Felix Mutter stellte schon als Junges Mädchen fest, dass der Vater ihr Adoptivvater war, aber es dauerte sehr lange, bis sie den Mut fand, mit ihrer Mutter darüber zu sprechen, emotionale Dinge wurden in dieser Familie nicht besprochen. Schließlich, mit 51 erfährt sie, dass ihre Mutter als Medizinstudentin in Leningrad von einem ukrainischen Juden geschwängert wurde , die Familien aber dagegen waren, dass die beiden zusammenblieben. Mit Hilfe ihres Sohnes findet sie nun tatsächlich die richtige Familie in Uschgorod in Transkarpatien. ihr Vater Slawa ist bereits 1990 an einem Herzinfarkt verstorben aber dessen Witwe Olga sowie ihre Halbschwester Ljuda sind ganz begeistert, sie endlich gefunden zu haben, der Vater hätte viel von seiner deutschen Tochter gesprochen. So kommt es zu Besuchen in Uschgorod, bei denen Felix seine Mutter begleitet und detailgetreu berichtet, über die herrliche Landschaft, die einst so stolzen Familien, die als Ärzte und Juden sich anpaßten und dabei doch ihr eigenes Leben lebten, zur anerkannten Oberschicht gehörten und jetzt fast alles verloren haben so wie viele Bewohner der Ukraine. Trotzdem hängen sie an diesem Land und diesem Leben, auch wenn viele gerade jüngere nach Israel ausgewandert sind.
Dieses Buch ist wie für ehemalige DDR-Bürger geschrieben, es weckt viele Erinnerungen und zeigt Parallelen auf. "Eines Morgens sind sie aufgewacht und haben festgestellt, dass alles, was sie geglaubt haben, eine Lüge war".
Und Slawas Kunst, sich anzupassen, sich zu verleugnen und dabei im Hintergrund ein grandioses Leben zu führen, war auf einmal nicht mehr gefragt.
Felix Stephan arbeitet in seinem Roman DDR-Geschichte auf eigenwillige Weise auf und vermittelt gleichzeitig Verständnis für die ukrainische Bevölkerung, für die viel zitierte "russische Seele".
Da es sich mehr um eine dokumentarische Erzählung als um einen Roman handelt, fehlt der Spannungsbogen und das Ganze wird manchmal etwas langatmig, es könnte m.E. noch etwas gestrafft werden.