Driftet teilweise etwas ab. Aber fesselnd

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"Snowflake" ist das Debüt einer noch recht jungen Frau, was mich in anbetracht des Alters der 1991 geborenen Louise Nealon etwas erschreckt hat; dieser Roman kommt depressiv und auch passiv aggressiv ums Eck. Betrachtet man die Vita der Schriftstellerin, findet man einige Parallelen zur Protagonisten Debbie:

Mit ihren jungen achtzehn Jahren beginnt für Debbie ein neuer Lebensabschnitt. Die Schulzeit ist vorbei, das Abenteuer College beginnt - inklusive das tägliche Pendeln von der Milchfarm ihres Onkels, auf der sie mit eben jenem und ihrer Mutter lebt, bis nach Dublin, "Die Großstadt".
Kaum den ersten Tag geschafft, scheint Debs schon zu zerbrechen. Sie fühlt sich als Landei, nicht zugehörig.
Ihre Mutter ist ihr keine Hilfe - verbringt Maeve ihre Tage doch größtenteils schlafend und ihre Träume aufschreibend. Nur Onkel Billy ist eine Stütze, die ihr langsam ins Leben zum erwachsen werden hilft.

Das Aufwachsen auf einer Farm und das Studieren in Dublin entspringt dem realen Leben der Autorin, beim Rest hoffe ich auf künstlerische Freiheit.. Debbies Leben ist alles andere als leicht.
Ohne Vater aufgewachsen, die Mutter psychisch krank, eingepfercht in einem Dorfleben, wo jeder jeden kennt.. Natürlich bekommt man dann einen Kulturschock, wenn man von einem Tag auf den anderen täglich in eine Großstadt pendelt, neue Menschen kennenlernt und sich intellektuell mit anderen messen muss. Vorallem, wenn man wirklich keine Ahnung hat, wie das "normale" Leben so läuft.

Zunächst könnte man meinen, man hätte es bei "Snowflake" mit einer coming-of-age Geschichte zu tun. Ich würde es eher als eine Geschichte über einen Lebensabschnitt bezeichnen, denn Debbie wird hier nicht erwachsen. Nein, Debs hat noch einen langen Weg vor sich - grundlegend dafür ist schon die Tatsache, dass ihr Weg von Anfang an steinig war und man im Laufe des Romans noch den einen oder anderen Stein vor den Füßen der jungen Frau findet.

Diese Geschichte ist nichts für Leser, die generell schon nicht gut drauf sind. Wirklich, gute Laune kommt hier nicht auf.
Auch nicht die Tiefe, die man auf den ersten Blick vermutet. Im Gegenteil, ich hatte den Eindruck Nealon legt es drauf an so hochgestochen wie möglich zu schreiben, ohne aber den wahren Kern ihrer Absicht herauszukitzeln.

Aber dennoch waren die 350 Seiten einnehmend und ließen mich immer wieder zum Buch greifen.
Ich muss die Figuren loben - allesamt. Ich mochte jeden einzelnen Charakter, auch wenn ich ihn eigentlich nicht mochte - sowas findet man nicht oft. Egal ob psychische Erkrankung oder Vorbelastung, jeder von ihnen ist mir ans Herz gewachsen und war authentisch. Selbst mit den Spinner-momenten.

Vielleicht gehört "Snowflake" zu den Romanen, die man erstmal auf sich einwirken lassen muss, um sie gänzlich zu verstehen. Vielleicht liege ich auch recht mit meiner Vermutung, dass diese Story einen guten Ansatz hatte, sich aber in vielen kleinen Anekdoten selbst verloren hat.
Nichts desto trotz fand ich das Buch nicht schlecht und vergebe solide 3,5 Sterne.