Ein neues Leben

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Inhalt
Die achtzehnjährige Debbie ist auf einer irischen Milchfarm aufgewachsen. Ihre Mutter ist manisch-depressiv und hält sich zumeist aus dem Alltag heraus. Ihr Onkel Billy versucht, ihr die Familie zu ersetzen, doch auch er kämpft gegen seine eigenen Dämonen. Wie kompliziert ihre Familienverhältnisse tatsächlich sind, bemerkt die junge Frau erst, als sie sich an der Universität einschreibt. Das tägliche Pendeln in die Großstadt Dublin eröffnet ihr neue Welten. Besonders ihre Kommilitonin Xanthe bringt sie mit Partys, Jungs und Drogen in Kontakt. Als es einen Todesfall auf der Farm gibt, spitzt sich die Situation zu.


Meinung
Das Romandebüt der Autorin kommt in einem eher unansehnlichen Gewand daher. Obwohl der glatte Umschlag ein stabiles Hardcover umgibt und ein farblich passendes Lesebändchen vorhanden ist, lädt das Cover nicht zum Hinschauen ein. Farblich ein Desaster, scheint eine junge Frau vor den Wellen eines Meeres zu stehen und hinauszublicken – als schwarze Skizze. Schade, dass weder Irland noch die Widersprüche des Inhalts oder auch nur eine der einzigartigen Figuren aufgegriffen worden sind.
Inhaltlich weiß der Roman zu überzeugen, wenn er sich auch anders entwickelt, als nach dem Klappentext (und Cover) zu vermuten gewesen wäre. Es geht, gerade auch am Ende, sehr direkt zu, es wird düster und bedrückend, dafür sollte der Leser schon etwas übrig haben. Nichtsdestotrotz fließt das Geschehen geradezu vorbei und hält allerhand bereit.
Debbie ist ein Landei, wenn auch belesen, was sie vor allem ihrem Onkel verdankt, der ihr bereits als Kind Märchen und Mythologie nahegebracht hat. Ihre Mutter zieht sich oft in ihr Zimmer zurück und schreibt ihre Träume auf, die sie für Prophezeiungen hält. Seit sie einen Lebensgefährten hat, geht es mit ihr leichter, trotzdem ist Debbie klar, dass ihre Mutter in eine professionelle Behandlung gehören würde. In Kildare kennt jeder jeden, die Leute kommen noch zusammen, besonders zu Feiertagen. Jeder hat eine Last zu tragen, die Leute nehmen sich wie es ist.
In Dublin an der Universität ist das anders. Debbie ist freundlich und offen, stapft in ein paar Fettnäpfchen, wird ausgelacht und schnell als Außenseiterin links liegen gelassen. Ihre einfache Kleidung, ihr Dialekt und ihr fehlendes Wissen in Bezug zu Computern brandmarken sie. Doch dann lernt sie Xanthe kennen, die stylisch ist und aus einer vermögenden Familie stammt. Sie verbringen viel Zeit miteinander, wenn hier die Uni selten thematisiert wird. Es sind eher die Partys und mit wem man herumhängt. Debbie versucht, ihre Familie und deren Probleme zu verheimlichen, bis sie begreift, dass auch Xanthe ihre Leichen im Keller zu modern hat. Ob das tatsächlich als eine Art Gegensatz von der Autorin geplant war, vermag ich nicht zu sagen. Überhaupt ist es schwierig auszumachen, worauf die Autorin hinaus will bzw. was ihr Thema ist. Das macht so gesehen nicht viel aus, weil es sich flüssig liest und Debbie sympathisch ist. Trotzdem zieht es sich im letzten Drittel ein wenig, bis es kurz darauf emotional hoch hergeht.
Louise Nealon hat eine ruhige, aber atmosphärisch dichte und mitunter recht emotionale Story geschrieben, die besonders Lesern im Alter der beiden jungen Frauen zu empfehlen ist. Das zu-sich-selbst-Finden, die Welt und das Leben kennenlernen, dem damit verbunden Schmerz, aber auch viel Freude, das Übertreiben, die Erschöpfung … ein neuer Lebensabschnitt beginnt und auch, wenn wir immer das Davor mit uns herumtragen, sollten wir uns nicht davon bestimmen lassen. Gern gelesen.