Solide, mit kleinen Schwächen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
mademoiselle_leni Avatar

Von

Klappentext
Auch in einer Stadt, in der scheinbar alles möglich ist, muss man sich sein Glück leisten können: Louise ist Ende zwanzig und versucht, sich in New York durchzuschlagen. Eigentlich wollte sie Schriftstellerin werden - jetzt lebt sie in Brooklyn, hat mehrere miserabel bezahlte Jobs und wird von Selbstzweifeln geplagt.
Eines Tages begegnet sie Lavinia. Und die hat wirklich alles: Sie wohnt auf der Upper East Side, ist wild, frei und wunderschön. Doch vor allem ist sie reich. Ihr glamouröses Leben teilt sie gern - auf sämtlichen sozialen Netzwerken, aber auch mit Louise. Die beiden ungleichen Frauen werden Freundinnen. Louise wird auf Partys herumgereicht, lässt sich von Lavinia einkleiden, zieht bei ihr ein - sie verfällt Lavinia und ihrer Welt. Auch wenn sie nicht das Geld hat, um in ihr zu bestehen. Irgendwann beginnt sie, die Freundin zu bestehlen. Und um sich aus ihrer Ohnmacht zu befreien, wird sie noch viel weiter gehen. Muss Lavinia sterben, damit Louise leben kann?
Tara Isabella Burton erzählt von einer toxischen Freundschaft und von der Macht sozialer Abgründe: ein so intensiver wie spannender Roman über eine Welt der Eitel- und Oberflächlichkeiten, schnell, klug und unverwechselbar.

Cover
Unglaublich elegant und sehr liebevoll gestaltet. Passt super zur Thematik und ist ein echter Hingucker im heimischen Bücherregal.

Schreibstil
Der "gehetzte" Schreibstil, der mich während der Leseprobe noch mehr oder weniger störte, hat sich insgesamt doch als sehr passend herausgestellt. Diese kurzen, drängenden Sätze stehen für mich zu hundert Prozent für Lavinias Persönlichkeit, die fordernd, einnehmend und "ein bisschen zu viel" ist. Sehr genial übertragen, denn gerade nach Lavinias Tod hatte ich das Gefühl, der Schreibstil wird zwar nicht langweilig, aber doch etwas langsamer.

Charaktere/Handlung
Man weiß nicht recht, mit wem man mehr Mitgefühl haben soll: Lavinia, die eigentlich vollkommen verloren ist oder Louise, die sich von Lavinia abhängig macht.
Die Beziehung zwischen Lavinia und Louise nahm mir persönlich viel zu schnell Fahrt auf, ohne, dass es für mich schlüssig erschienen wäre und hier und da habe ich mich gefragt, wie realistisch das Verhalten der beiden überhaupt ist. Lavinia hätte mich wahrscheinlich nach einer Woche derart in den Wahnsinn getrieben, dass ich erst gar nicht in Louises Situation geraten wäre. Louise war mir gleich irgendwie zu bedürftig, ohne Erklärung; warum gerät sie derart schnell in eine Abhängigkeit? Auf der anderen Seite wirkt sie sehr kühl und abgeklärt, besonders nach dem "Unfall". Die anderen mehr oder weniger tragischen Figuren bleiben blass und oberflächlich, was ich jedoch ganz passend finde.
Dennoch hätte für meinen Geschmack hier und da mehr Hintergrund nicht geschadet, besonders gegen Ende ging mir alles zu schnell bzw. war mir zu abgehackt und unerklärt.

Fazit
Ist es das beste Buch, das ich je gelesen habe? Nein, keineswegs. Aber es ist doch ein gutes Buch, das ich nicht bereue, gelesen zu haben. Insgesamt ein solides Buch, das einen Tick zu wenig in die Tiefe ging (was in Anbetracht der Eitel- und Oberflächlichkeiten der Szenerie aber auch doch wieder ganz passend ist).