Eine Naturgewalt? Eher im negativen Sinn.

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throughmistymarches Avatar

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Ich hatte mich so auf diesen Roman gefreut, alles klang so vielversprechend und, als wäre es genau meins. C. Bertelsmann enttäuscht eigentlich auch nie. Und das Cover ist so wunderbar atmosphärisch. „Ein Roman wie eine Naturgewalt“ wird versprochen. Eine Naturgewalt war’s auch, aber im negativen Sinne. Langeweile, Rassismus und teilweise grausame sprachliche Bilder – so würde ich das sehr gehypte Buch zusammenfassen. (Ernsthaft, woher kommen die vielen 5 Sterne Bewertungen?) Einige Umschreibungen, v.a. von Geburt, Stillen, Brüsten waren so seltsam gewollt literarisch wie ich sie bisher nur von Männern gelesen habe. Ich war mehrfach kurz davor abzubrechen.
Obwohl der Roman bis auf ein paar Seiten komplett aus der Perspektive der Protagonistin Victoria geschrieben ist bleibt sie unglaublich flach. Starke Frau, die allen Widrigkeiten trotzt? Gerne, aber dann will ich das auch transportiert haben, ich will es fühlen. Stattdessen werden nur chronologisch Dinge abgehandelt. Es sterben Menschen und Tiere. Gemüse wird ausgesät, Bäume werden (um)gepflanzt. Seltsame 180 Grad Wendungen von Figuren (Seth?), aus denen dann aber nichts gemacht wird. Die versprochene Wildnis gibt’s nur ein paar Kapitel lang. SPOILER
Der geheimnisvolle Fremde, in den sich Victoria blitzverliebt, stellt sich als Native American heraus. Und los geht’s mit dem Rassismus. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so häufig das I-Wort lesen musste. Selbst wenn man die Haltung der Dorfbewohner Wilson gegenüber als „historisch korrekt“ darstellen möchte WARUM gibt es nirgends ein Vorwort, ein Nachwort, eine Fußnote, die die Verwendung dieser rassistischen Sprache einordnet? Wilson darf aber auch kein ausgefeilter Charakter werden, sondern wird gejagt, gefangen und auf brutalste Art gelyncht. Die einzige indigene Figur existiert also nur um die Geschichte der weißen Protagonistin voranzutreiben und sie zu dramatisieren. Dann ist da das Baby der beiden. Immer wieder „erscheint“ Wilson Victoria, wenn sie nicht weiterweiß oder sie hat irgendeine Art spirituelle Eingebung – weil, naja, das halt so ein Klischee ist, wenn es um Indigene geht. Den Interviews nach kann man der Autorin kaum böse Absicht unterstellen, aber: gut gemeint ist nicht gut gemacht.