SOG

Düster und spannend!

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ricysreadingcorner Avatar

Von

Ein kleines Mädchen wird vergewaltigt und ermordet. Zwölf Jahre später wird in Reykjavik eine Zeitkapsel geöffnet, die zehn Jahre alte Aufsätze von Schülern darüber enthält, wie sie sich ein Island der Zukunft vorstellen. Neben allerlei Ideen zu erneuerbaren Energien und fliegenden Autos findet sich aber auch ein unheimlicher Brief, der den Tod von einigen Menschen vorhersagt. Als wäre das nicht genug, sind auch noch die Initialen der Menschen, die es treffen soll, aufgelistet.
Kommissar Huldar, der nach einer misslungenen Ermittlung aus seiner Leitungsfunktion im Kommissariat degradiert wurde, wird mit der undankbaren Aufgabe betreut, etwas über diesen Aufsatz in Erfahrung zu bringen. Niemand nimmt die Sache sonderlich ernst. Alle halten es für kindliche Spinnereien. Doch dann werden abgetrennte Hände in einer Hot Tub gefunden und bald darauf ist der Besitzer eben dieser heißen Wanne tot – grausam ermordet…

Meine Meinung

Es handelt sich bei „Sog“ um den zweiten Teil einer Thriller-Reihe über Kommissar Huldar und die Kinderpsychologin Freya. Ich habe Band 1 nicht gelesen. Es gibt zwar immer wieder Anspielungen auf die Geschehnisse in Band 1, zum Verständnis der Handlung in Band 2 fehlte mir aber nichts.

Ich muss sagen, dass ich anfänglich Schwierigkeiten hatte, richtig in dieses Buch hineinzufinden. Die Charaktere waren mir etwas zu platt, die Beschreibungen zu oberflächlich und die Story – wenigstens nach dem unglaublich spannenden und schaurigen Prolog – erst einmal etwas zu schleppend.
Etwa nach dem ersten Drittel wurde es dann aber richtig spannend. Wir begleiten Huldar dabei wie er langsam den Zusammenhang zwischen dem Aufsatz aus der Zeitkapsel und den aktuellen Morden herzustellen versucht und wie er dabei wieder einmal mit Freya zusammenarbeiten muss, die davon alles andere als begeistert ist, da nicht nur Huldar nach den gemeinsamen Ermittlungen im letzten Buch beruflich degradiert wurde…

Die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten, könnte dem Buch noch etwas Besonderes hinzufügen. Für ein bisschen Abwechslung zu den Grausamkeiten sorgen. Aber leider blieben die Charaktere weiterhin eher flach und etwas plakativ, sodass ihre Beziehung und ihre Handlungen für mich oft wenig nachvollziehbar waren. Huldar ist ein grummeliger frustrierter Polizist, der angeblich unglücklich in Freya verliebt ist. Wieso schläft er dann sofort mit der nächstbesten Frau, als er mal wieder einen über den Durst getrunken hat, obwohl sich die nach dem letzten Zusammtreffen ziemlich zerstörte Beziehung zu Freya gerade wieder bessert? Tja, gute Frage…Das klingt für mich ein bisschen nach zwanghaft gewolltem Drama und die Absicht, die Entwicklung der Beziehung noch etwas in die Länge zu ziehen, quasi für den nächsten Band? Freya hingegen macht die ganze Zeit nur deutlich, dass sie Huldar eigentlich gar nicht mag und nur an dem neuen Fall interessiert sei. Sie soll scheinbar die absolut unabhängige, coole Frau darstellen, die sich nur über ihre Freundinnen aufregt, die typische Dinge machen wollen, die Frauen eben so machen und dabei einfach nur unglücklich und einsam ist. Die wechselnden Erzählperspektiven vor allem zwischen Huldar und Freya haben daher meiner Meinung nach im Hinblick auf die Charakterentwicklung und die Beziehung zwischen den Charakteren nicht viel beigetragen. Dass der Erzähler hingegen auch immer wieder in die Perspektive der Opfer geschlüpft ist, trug sehr zum Spannungsaufbau bei.
Die Charaktere gehörten für mich somit wirklich nicht zu den Stärken des Buchs.
Deswegen war es gut, dass die enorme Spannung dies wieder ausgeglichen hat.

Von Kindesmissbrauch, über zerstückelte Leichen bis hin zu bestechlichen Behörden ist hier wirklich alles dabei. Und ich muss sagen, obwohl ich persönlich der Meinung bin, dass ich relativ starke Nerven im Hinblick auf Blut, Gewalt und abartige Morde habe, ging mir gerade die Sache mit dem Kindesmissbrauch etwas zu weit.

Der Schreibstil ist insgesamt flüssig und leicht zu lesen. Gemeinsam mit den wechselnden Erzählperspektiven, trug dieser zu einem starken Spannungsaufbau bei. Dennoch muss ich sagen, dass sich mir keine richtige Island-Atmosphäre eröffnet hat. Klar, ist es düster und kalt, aber das Cover ließ da wirklich auf mehr hoffen.

Die Story ist insgesamt schlüssig, auch wenn ich einige Reaktionen der Charaktere manchmal nicht ganz nachvollziehen konnte. Durch einen Twist am Ende, mit dem ich echt nicht mehr gerechnet hätte, bin ich aber gerne bereit darüber hinwegzusehen.

Fazit

Ein unglaublich spannender und schauriger Thriller. Leider blieben die Charaktere etwas schwach, was aber durch ein rasantes Tempo und einen wirklich verschachtelten Fall ausgeglichen wird. Für Leser mit starken Nerven und Lust auf Spannung, die nicht zu viel Anspruch an die Figuren haben auf jeden Fall zu empfehlen.