Die Liebesgeschichte ist quasi nicht existent

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athene1989 Avatar

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Ich bin bei „Solange es ein Morgen gibt“ von Laura Price mit der Erwartung an das Buch gegangen, dass es eine Liebesgeschichte wird, mit dem ersten Hintergrund Krebs, da der Klapptext genau dieses suggeriert. Leider war das absolut nicht der Fall. Stattdessen war der Krebs, die damit verbundenen Gedanken und Gefühle und viele andere Problembewältigungen, wie der Verlust eines Elternteils und Fremdgehen, das Grundgerüst der Story und die Liebesgeschichte zwischen Jessica und Joe, die eben im Klapptext angepriesen wurde, wurde auf vielleicht zwanzig Seiten abgehandelt. Er kommt erst etwa ab der Hälfte des Buches einmal kurz vor und dann ist er noch einmal das Anhängsel von Annabell, ehe dann die kleine Romanze losgeht, die aber wirklich nur minimal vorkommt und schnell abgehandelt wird. Somit war ich dann doch sehr enttäuscht, denn wenn ich so „schwere“ Kost voller Probleme und Krankheiten lesen möchte, dann suche ich mir das in einem vollen Bewusstsein aus. Hier wollte ich aber eine Liebesgeschichte lesen, in dem der Krebs natürlich auch behandelt wird, aber eben mehr im Hintergrund. Außerdem kam einfach absolut keine Tiefe auf, da mir die Interaktionen zwischen Jessica und Joe gefehlt haben. Es kam mehr aus dem Nichts, weil das vorher gar nicht wirklich thematisiert wurde. Somit sollte ein ganz anderer Klapptext benutzt werden, damit man nicht so in die Irre geführt wird, denn nicht jeder mag solche Bücher, in dem es um sehr viele Selbstzweifel, Ängste, Depressionen usw. geht.
Das Buch handelt von Jessica, die glaubt in ihrem Leben alles zu haben: einen tollen Freund, der sich um sie bemüht, eine tolle Wohnung und einen neuen Job als Chefredakteurin bei einem beliebten Frauenmagazin. Doch dann wird ihr Leben auf dem Kopf gestellt. Zuerst erfährt sie, dass Johnny sie betrogen hat und dann wird bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Ihre Welt bricht zusammen, vor allem weil sie noch immer nicht über den Tod ihrer Mutter von vor zwei Jahren hinweggekommen ist. Dann lernt sie Annabel kennen, ein junges Mädchen, die ebenfalls Krebs hat und die ihr zeigt das Positive am Leben zu sehen, trotz des bösen K-Wortes.
In dem Buch wird, wie bereits erwähnt, viele Themen angeschnitten, wie eben Krebserkrankungen, der Tod, Fremdgehen, Angst vor dem Alleinsein, Depressionen nach einer Geburt usw. Ich fand es teilweise ein wenig zu viel, als ob man alles Mögliche hineinquetschen möchte. Ich habe durchaus verstanden, dass die Autorin einem damit sagen möchte, dass niemand alleine mit seinen Problemen ist, dass es viele gibt, die Anfang dreißig noch Single sind und Angst haben, alleine alt zu werden und zu sterben oder nach einer Geburt wieder in den Job einzusteigen und alles nicht unter einen Hut zu bekommen oder als schlechte Mutter dazustehen, weil frau wieder arbeiten möchte und es auch tut. Aber dadurch gab es ein Problem nach dem anderen und alle waren irgendwie depressiv oder traurig, unzufrieden oder was auch immer und das war mit der Zeit doch anstrengend, gerade wenn man eben eine Liebesgeschichte erwartet. Ich möchte von meinen alltäglichen Problemen abgelenkt werden und nicht über gefühlt hunderte Probleme von Buchcharakteren lesen. Wenn ich sowas dann doch mal lesen möchte, suche ich es mir explizit aus. In diesem Fall habe ich mir auch ein ernstes Thema mit ausgesucht, da ich solche Bücher durchaus spannend und interessant finde, aber eben als nebensächlich Geschichte. Das hier war zu viel, selbst wenn ich so eine Geschichte erwartet hätte.
Die Charaktere waren sehr vielseitig, sei es eben Jessica, die nicht nur durch ihre eigenen Probleme, sondern auch die ihrer Freunde geht, Annabel, die unheilbar krank ist und dennoch absolute Lebensfreude ausstrahlt, oder auch die gesamte Crew an Jessicas Arbeitsplatz, wo alle so unterschiedlich sind. Diese Charaktervielfalt fand ich von der Autorin wirklich gut gelungen, auch wie sich der eine oder andere entwickelt hat, wobei ich viele Sachen auch absolut nicht verstanden habe, wie dass Lauren, die beste Freundin von Jessica, bei ihrem Verlobten sauer ist, weil er einen Post seiner Exfreundin liked, aber nicht verstehen kann, dass dieser sauer ist, dass sie einen ihrer Exaffären zu ihrer Hochzeit einlädt. Oder dass Lauren bei Jessicas Aussage, dass sie Krebs hat, sich Sorgen macht, wie das auf den Hochzeitsfotos aussehen wird. Bei vielen Sachen habe ich mir wirklich an den Kopf gefasst und gefragt, ob das wirklich gerade passiert… Aber zum Glück haben sich wirklich alle Charaktere irgendwie entwickelt, somit auch Lauren, auch wenn ich finde, dass sie viele No-Gos als beste Freundin gemacht hat. Dennoch gab es auch paar emotionale Momente in der Geschichte, gerade zum Ende, die mich durchaus berührt hatten.
Das Buch hat auch einige Fehler vorzuweisen, wie fehlende Wörter oder zu viele, die in den Satz nicht hingehören. Zudem kamen ein oder zwei kleinere Logiksachen dazu, wie als Jessica mit Kate über Laurens Junggesellinnenabschied redet und Kate vorschlägt, dass sie ein Spa-Wochenende machen können und Jessica das ablehnt, weil sie weiß, dass Lauren sowas zu langweilig finden wird und dann wird später gesagt, dass die Planung für das Spa-Wochenende im vollen Gange ist. Sowas finde ich recht ungünstig.
Ich kann dem Buch nur drei Sterne geben, da mich das Buch, bis auf die paar emotionalen Momente, nicht wirklich mitnehmen konnte. Dafür war es zu überladen an Problemen und Sorgen. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn es nicht als Liebesgeschichte dargestellt worden wäre, denn dann hätte ich mich bewusst für sowas entschieden, aber in diesem Fall war es eben nicht so. Punkten konnte aber die Charaktervielfalt, gerade auch Annabel, von der sich viele eine Scheibe abschneiden können.