Die Schrecken der illegalen Migration aus der Sicht eines Kindes
»Dieses Buch ist für alle, die die Grenze überquert haben, die es versucht haben, die es jetzt im Augenblick tun und weiter versuchen werden.« S.472
7 Wochen war Javier Zamora auf der Flucht von El Salvador in die USA und das ist seine wahre Geschichte. 7 Wochen, in denen seine Familie nicht wusste, wo er sich befand und ob die Flucht gelingen würde. Javier war damals 9 Jahre alt und ganz allein – solito.
Javier wächst bei seinen Großeltern auf, nachdem seine Eltern vor dem von der USA finanzierten Bürgerkrieg nach »La USA« geflüchtet sind. So oft es geht, telefoniert er mit ihnen. Er vermisst sie schrecklich, doch nun endlich soll er nachkommen.
Sein Großvater begleitet ihn noch bis Guatemala, wo man Javier und den anderen beibringt, wie sie sich auf der Flucht zu verhalten haben, bevor sie sich mit dem Kojoten (Schlepper) auf eine ungewisse Reise machen. Es soll eine Odyssee werden, die sie mit einem Boot nach Mexiko bringt, wo sie aus Bussen gezerrt werden, wo sie als »pinches migantes« (verdammte Migranten) beschimpft werden, auf LKWs wie Vieh verfrachtet werden und zum Schluss unter unglaublichen Strapazen die Sonora-Wüste zu Fuß durchqueren müssen.
Erzählt wird aus der Sicht des 9-jährigen Javiers, dass es mir an manchen Stellen fast das Herz zerrissen hat. Nur zögerlich fasst er Vertrauen zu den anderen Erwachsenen, immer bedacht, nicht aufzufallen, die mexikanischen Wörter richtig auszusprechen, seine wenigen Klamotten zu waschen. Doch mit der Zeit werden sie zu seiner Ersatzfamilie, die ihn trösten und unterstützen. Hitze, Kälte, das ewige Warten – oft über Wochen, das allein ist schon unvorstellbar, doch Zamora holt uns immer wieder in die Gefühlswelt des Jungen zurück, dessen Blick das große Ganze nicht zu erfassen vermag, dessen Gedanken darum kreisen, dass er nachts im Raum mit den anderen nicht pupst und ihn niemand nackt unter der Dusche sieht; der Angst hat, dass eine Toilette ihn ins Meer spült; der sich Sorgen macht, weil er seine Schuhe nicht zubinden kann.
Immer wieder rufe ich mir ins Gedächtnis, dass dies hier eine wahre Geschichte ist – die eines Kindes. Und genau das hebt das Buch aus allen anderen Fluchtgeschichten heraus, die ich seit letztem Jahr gelesen habe. Immer wieder hören wir in den Nachrichten von unbegleiteten Minderjährigen, doch was es wirklich bedeutet, sich allein als Kind Schleppern auszusetzen, Fremden anzuvertrauen, ein Gewehr auf sich gerichtet zu sehen, Menschen verschwinden zu sehen, wird mir erst durch dieses Buch so richtig bewusst. 20 Jahre hat Zamora sich kaum erinnert, Therapien gemacht, um seine traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten, um sie in diesem Buch niederschreiben zu können. Ein Buch, das einen fordert beim Lesen, denn da wo ich als Erwachsene die drohende Gefahr sehe, hält Javier sich mit seiner unbekümmerten, kindlichen Zuversicht tapfer über Wasser, wächst über sich heraus und überlebt schier Unmögliches. Diese kindliche Unschuld, verpackt in zärtliche Worte, hat mich oft schlucken lassen, stellenweise habe ich mit den Tränen gekämpft.
Es ist ein Buch über die Menschlichkeit und des Zusammenhalts, das unseren Blick auf die einzelnen Schicksale hinter den oft gesichtslosen Flüchtlingsströmen lenken soll und die unzähligen Kinder, egal von wo auf der Welt sie ihre Flucht antreten.
Und gleichzeitig ist es eine Anklage gegen geldgierige Schlepper, den rigorosen Umgang der US-Amerikaner mit den Migranten und nicht zuletzt mit der desaströsen Flüchtlingspolitik weltweit. Dann frage ich mich, wie viele dieser Bücher müssen noch geschrieben werden, dass dieses unsägliche Leid aufhört, dass Menschen nicht mehr gezwungen sind, wegen Krieg, Armut oder den Auswirkungen des Klimawandels ihre Heimat zu verlassen.
Noch ein Wort zu den vielen spanischen Begriffen im Text, die anschließend in einem Glossar übersetzt sind. Ich muss zugeben, es war anfangs mühsam. Aber irgendwann habe ich mich in Javiers Lage versetzt, ein Junge, dessen Spanisch sich von dem in den anderen Ländern unterscheidet, der kein Wort Englisch spricht, dessen Angst, etwas falsch auszusprechen größer ist, als nicht bei seinen Eltern anzukommen. Ab da habe ich sie gespürt, die Hilflosigkeit angesichts der sprachlichen Barrieren. Wo die unterschiedlichen Begriffe für »Strohhalm« ausreichen, um eine ganze Gruppe Migranten auffliegen zu lassen.
Ein wirklich eindringliches Buch, dem auch der Humor nicht fehlt, das ich gern weiterempfehle.
7 Wochen war Javier Zamora auf der Flucht von El Salvador in die USA und das ist seine wahre Geschichte. 7 Wochen, in denen seine Familie nicht wusste, wo er sich befand und ob die Flucht gelingen würde. Javier war damals 9 Jahre alt und ganz allein – solito.
Javier wächst bei seinen Großeltern auf, nachdem seine Eltern vor dem von der USA finanzierten Bürgerkrieg nach »La USA« geflüchtet sind. So oft es geht, telefoniert er mit ihnen. Er vermisst sie schrecklich, doch nun endlich soll er nachkommen.
Sein Großvater begleitet ihn noch bis Guatemala, wo man Javier und den anderen beibringt, wie sie sich auf der Flucht zu verhalten haben, bevor sie sich mit dem Kojoten (Schlepper) auf eine ungewisse Reise machen. Es soll eine Odyssee werden, die sie mit einem Boot nach Mexiko bringt, wo sie aus Bussen gezerrt werden, wo sie als »pinches migantes« (verdammte Migranten) beschimpft werden, auf LKWs wie Vieh verfrachtet werden und zum Schluss unter unglaublichen Strapazen die Sonora-Wüste zu Fuß durchqueren müssen.
Erzählt wird aus der Sicht des 9-jährigen Javiers, dass es mir an manchen Stellen fast das Herz zerrissen hat. Nur zögerlich fasst er Vertrauen zu den anderen Erwachsenen, immer bedacht, nicht aufzufallen, die mexikanischen Wörter richtig auszusprechen, seine wenigen Klamotten zu waschen. Doch mit der Zeit werden sie zu seiner Ersatzfamilie, die ihn trösten und unterstützen. Hitze, Kälte, das ewige Warten – oft über Wochen, das allein ist schon unvorstellbar, doch Zamora holt uns immer wieder in die Gefühlswelt des Jungen zurück, dessen Blick das große Ganze nicht zu erfassen vermag, dessen Gedanken darum kreisen, dass er nachts im Raum mit den anderen nicht pupst und ihn niemand nackt unter der Dusche sieht; der Angst hat, dass eine Toilette ihn ins Meer spült; der sich Sorgen macht, weil er seine Schuhe nicht zubinden kann.
Immer wieder rufe ich mir ins Gedächtnis, dass dies hier eine wahre Geschichte ist – die eines Kindes. Und genau das hebt das Buch aus allen anderen Fluchtgeschichten heraus, die ich seit letztem Jahr gelesen habe. Immer wieder hören wir in den Nachrichten von unbegleiteten Minderjährigen, doch was es wirklich bedeutet, sich allein als Kind Schleppern auszusetzen, Fremden anzuvertrauen, ein Gewehr auf sich gerichtet zu sehen, Menschen verschwinden zu sehen, wird mir erst durch dieses Buch so richtig bewusst. 20 Jahre hat Zamora sich kaum erinnert, Therapien gemacht, um seine traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten, um sie in diesem Buch niederschreiben zu können. Ein Buch, das einen fordert beim Lesen, denn da wo ich als Erwachsene die drohende Gefahr sehe, hält Javier sich mit seiner unbekümmerten, kindlichen Zuversicht tapfer über Wasser, wächst über sich heraus und überlebt schier Unmögliches. Diese kindliche Unschuld, verpackt in zärtliche Worte, hat mich oft schlucken lassen, stellenweise habe ich mit den Tränen gekämpft.
Es ist ein Buch über die Menschlichkeit und des Zusammenhalts, das unseren Blick auf die einzelnen Schicksale hinter den oft gesichtslosen Flüchtlingsströmen lenken soll und die unzähligen Kinder, egal von wo auf der Welt sie ihre Flucht antreten.
Und gleichzeitig ist es eine Anklage gegen geldgierige Schlepper, den rigorosen Umgang der US-Amerikaner mit den Migranten und nicht zuletzt mit der desaströsen Flüchtlingspolitik weltweit. Dann frage ich mich, wie viele dieser Bücher müssen noch geschrieben werden, dass dieses unsägliche Leid aufhört, dass Menschen nicht mehr gezwungen sind, wegen Krieg, Armut oder den Auswirkungen des Klimawandels ihre Heimat zu verlassen.
Noch ein Wort zu den vielen spanischen Begriffen im Text, die anschließend in einem Glossar übersetzt sind. Ich muss zugeben, es war anfangs mühsam. Aber irgendwann habe ich mich in Javiers Lage versetzt, ein Junge, dessen Spanisch sich von dem in den anderen Ländern unterscheidet, der kein Wort Englisch spricht, dessen Angst, etwas falsch auszusprechen größer ist, als nicht bei seinen Eltern anzukommen. Ab da habe ich sie gespürt, die Hilflosigkeit angesichts der sprachlichen Barrieren. Wo die unterschiedlichen Begriffe für »Strohhalm« ausreichen, um eine ganze Gruppe Migranten auffliegen zu lassen.
Ein wirklich eindringliches Buch, dem auch der Humor nicht fehlt, das ich gern weiterempfehle.