Vielversprechend aber leider langatmig

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moendchen Avatar

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Kurzmeinung: Vielversprechende komplexe Themen & Beziehungen, die leider an Schreibstil & langatmiger Handlung leiden. Spannung kam nur schwer auf.

"Somebody to love", erzählt die Geschichte von zwei Trauernden, die sich auf der Suche nach Antworten über das plötzliche Ableben eines gemeinsamen Geliebten gegenseitig helfen und sich dabei ineinander verlieben. Dabei handelt es sich um die Freundin des Verstorbenen und seinen Drillingsbruder. Konflikt ist also schon vorprogrammiert. Die vielen Fragezeichen darüber, wieso der Verstorbene in jener Nacht in einer Tierhaltung eingebrochen und erschossen wurde, helfen hierbei nicht.

Vielversprechend und komplex, mit großen Vorsätzen, die leider nicht immer erreicht wurden.

Der Schmerz der Hinterbliebenen wird ausführlich und vielschichtig geschildert, liest sich aber dadurch (selbstverständlich) auch nur schwer. Aktive Spannung kommt nur zaghaft auf, da die Handlung um Hendricks Geheimnisse die ersten 100 Seiten gleichzeitig einnimmt und komplett pausiert (das Knacken eines Passwortes mittels Trial-and-Error ist nun mal einfach nicht sonderlich spannend). Stattdessen bekommt die Liebesgeschichte den Hauptfokus des Buches.

Diese liest sich jedoch besonders anfangs noch schwer, da die anfängliche Trauer die aufkeimende Beziehung noch zu stark überschattet. Im weiteren Verlauf wird die Story um das Geheimnis nur noch alle 100 Seiten aufgegriffen und am Ende recht antiklimaktisch aufgelöst. Sehr viel Zeit mit der Auflösung wurde zudem nicht verbracht, da die zwei Hauptcharaktere die gerade zu offensichtlichsten Aktionen nicht durchführen (wie z.B. den Fundort des Laptops komplett absuchen) oder keine Theorien formulieren oder jegliche andere Detektivarbeit vollbringen wollen. Die Auflösung wird ihnen förmlich durch Zufall vor die Füße geschmissen.

Die Emotionen haben in diesem Buch definitiv den Vorrang, leiden jedoch gelegentlich unter dem Schreibstil der Autorin. Einige Dialoge wiederholen gerade gelesene innere Monologe; Absätze bestehen aus denselben 10 Sätzen, und einige Sätze beschreiben einfach sehr wörtlich, was sie dem Leser vermitteln sollen. Die ungleichmäßig langen Kapitel helfen nicht immer.

Nichtsdestotrotz beschreibt die Geschichte wunderschön, wie Menschen unterschiedlich mit Trauer und Schmerzen umgehen, wie schwierig und kompliziert das Weiterleben für Hinterbliebene sein kann und wie sich plötzliche Tode auf Familiendynamiken ausüben können.

Besonders der männliche Hauptcharakter Emil wächst einem sehr schnell ans Herz und man wünscht ihm vom ganzen Herzen ein Happy End. Die Beziehung der Drillinge wird mittels Rückblicke durch die Jahre des Heranwachsens geschildert und trifft den Leser genau ins emotionale Mark. Die unoriginelle Liebesbeziehung der zwei Hauptcharaktere fühlt sich verdient und authentisch an und nimmt sich die notwendige Zeit, um den Leser am Ende zufriedenzustellen.

Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der sich beim Lesen eher zärtliche und emotionale Szenen statt spannende Action wünscht und die notwendige Zeit mit zwei Charakteren verbringen möchte, die eine schwere, aber sehr realitätsnahe Situation durchleben und einen Neuanfang wagen wollen.