Feinfühliges Porträt einer amerikanischen Familie

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zabou1964 Avatar

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Eigentlich bin ich kein Freund amerikanischer Literatur. Die meisten Romane sind mir zu oberflächlich und berühren mich nicht. Bei „Sommerhaus am See“ hat mich zuerst das Cover angezogen. Es zeigt eine Frau im Badeanzug vor einem See, eingewickelt in ein grünes Handtuch, das Kinn nachdenklich auf ihre Hand gestützt. Auch die Inhaltsangabe und die Leseprobe haben mich neugierig gemacht. Meinen Entschluss, dieses Romandebüt zu lesen, habe ich nicht bereut.

Die Familie Starling trifft sich jeden Sommer in ihrem Häuschen an einem See in North Carolina. Doch dieses Jahr soll es das letzte Treffen in diesem Haus sein, da die Eltern Richard und Lisa sich entschlossen haben, das Haus zu verkaufen und ihren Lebensabend in Florida zu verbringen. Ihre Söhne Michael, der mit seiner Ehefrau Diane angereist ist, und Thad, der seinen Partner Jake mitgebracht hat, sind wenig begeistert davon, dass dieses Relikt ihrer Kindheit bald nicht mehr der Familie gehört. Gleich am Anfang des Romans geschieht ein schreckliches Unglück: Ein Junge einer anderen Familie ertrinkt im See. Michael versucht, ihn zu retten, scheitert aber. Nach und nach erfährt der Leser immer mehr über die einzelnen Familienmitglieder. Was zunächst nach einer ganz normalen glücklichen Familie aussah, entpuppt sich im Laufe der Geschichte immer mehr als eine Gruppe von Menschen mit Geheimnissen und Sehnsüchten.

Die Tatsache, dass dieser Roman im Präsens geschrieben ist, hat mich zunächst etwas gestört. Aber ich hatte mich schnell an den Schreibstil gewöhnt. Die Perspektive wechselt kapitelweise zwischen den einzelnen Familienmitgliedern und deren Partnern. Jeder hat seine Geschichte und sein eigenes Schicksal. Die Handlung spielt im Jahr 2018, Trump ist amerikanischer Präsident, was einiges an Diskussionsstoff bei der Familie Starling bietet. Die zum Teil tragischen Geschichten der Protagonisten haben mich bewegt. Einiges mag mehr oder weniger typisch amerikanisch sein, wie das Leben von Michael und Diane, die beide schuften, um sich ein Leben über ihren Verhältnissen doch nicht leisten zu können. Andere Dinge wie Alkoholismus und Untreue geschehen überall auf der Welt.

Alles in allem konnte der Autor mich mit seinem Debut überzeugen.