Sommer und Tragödie.

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»Wenn Schicksale durch Gedanken gelenkt werden, durch Worte, dann solle sie [Diane] das Thema an diesem Tag nicht zur Sprache bringen. Deshalb hält sie die Hand ihres Mannes und lächelt. Und vieles, so unendlich vieles, bleibt ungesagt« (S. 36).

Eher aus Verzweiflung, als an den Glauben an eine gute Zukunft, kauften Lisa und Richard Starling in jungen Jahren ein Sommerhaus am See in North Carolina. Inzwischen stehen die Eheleute Sterling, die sich an ihrer Arbeitsstelle, der Cornell University kennenlernten, vor der Pensionierung. Zusammen mit ihren Söhnen und deren Parter:innen möchten Lisa und Richard nochmals gemeinsam Abschied nehmen von dem Haus, da sich die alten Sterlings dazu entschlossen haben, das Haus zu verkaufen und sich zukünftig in Florida niederzulassen.

Bereits am ersten Tag am See ereignet sich eine Tragödie. Ein Kind muss durch einen Unfall sein Leben lassen. Ein Sohn der Sterlings, Michael, versucht vergeblich den Jungen vor dem Ertrinken zu retten. Bei sich selbst hat Michael bezüglich des (Er-)Trinkens einen blinden Fleck – er ist alkoholabhängig und sieht keine Motivation sein Suchtverhalten unter Kontrolle zu bringen. Seine Frau Diane ahnt nichts von der Sucht ihres Mannes, zu sehr ist sie mit sich beschäftigt. Ungeplant schwanger, in einer Ehe, die keine Kinder vorsieht! Auch die Beziehung des anderen Sohnes Thad zu seinem Partner Jake ist nicht von Harmonie geprägt. Er und Jake leben in einer offenen Beziehung, doch nur einer von beiden ist von diesem Beziehungsmodell begeistert.


Sechs Menschen, die mit sich und ihren Liebsten alles andere als im Reinen sind. Jede:r scheint mit seinem eigenen Leben beschäftigt zu sein, aber nicht auf die Art, die seelische Gesundheit mit sich bringt. Es wird weggeschaut, anstatt in sich hineinzuhorchen, Konflikten wird aus dem Weg gegangen, Kommunikation Fehlanzeige! Diese Situationen beschreibt der Autor David James Poissant sehr eindrücklich. Das Setting verspricht Harmonie, doch die Figuren bringen alles andere als einen harmonischen Vibe in das Haus.

Ich kann mich kaum von dem Buch trennen, möchte immer noch weiter in die Abgründe der einzelnen Figuren eintauchen. Warte auf einen großen Knall, eine Aussprache, ein Happy End. Doch so einfach macht es mir der Autor nicht. Am Ende wachsen die Figuren zwar über sich hinaus, aber mir fehlen für diese Entwicklung 200 Seiten zwischen drin.

Auch wenn die letzten 80 Seiten meine Euphorie für das Buch bremsen, liefert David James Poissant mit »Sommerhaus am See« ein kluges Romandebüt, in der es auf spannende Art ›menschelt‹. Das Buch eignet sich ideal für den bevorstehenden Sommer.

CN: Homofeindlichkeit, Untreue, Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch, Unfalltod, SIDS.