Roman ohne Tiefgang

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braderine Avatar

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Vor über 10 Jahren habe ich Die Dienstagsfrauen sowie die Fortsetzung dessen von Monika Peetz gelesen. Viel ist mir nicht in Erinnerung geblieben, außer der starke Charakter Kikis. Eine chaotische Frau, die Abwechslung in ihrem Leben zum Motto gemacht hat - ich habe sie geliebt! Dadurch, dass ich eine charaktergetriebene Leserin bin, ist das meiner Meinung nach auch eine sehr schöne Erinnerung an ein Buch. Ich hatte also gehofft, in “Sommerschwestern” ebenso Charaktere kennenzulernen, in die ich mich verlieben werde. Leider vergebens!

"Sommerschwestern! Mit dem Wort schwangen Tausende Erinnerungen an glückliche Zeiten mit. Wie lange hatten Doro, Yella, Amelie und Helen sich nicht mehr als eine Einheit und als Sommerschwestern verstanden? Nie waren die vier Mädchen sich so nahe gewesen wie in den endlosen Ferien, die sie traditionell an der holländischen Nordseeküste in Bergen verbrachten. Jeden Sommer verwilderten sie im Dreieck zwischen Campingplatz, Strand und Dorf." (Zitat)


In “Sommerschwestern” von Monika Peetz kommen die vier erwachsenen und grundauf verschiedenen Schwestern auf eine mysteriöse Einladung der Mutter hin, endlich mal wieder zusammen. Treffpunkt ist Bergen an der holländischen Küste - der einzige Ort, an dem sie als harmonische Familie während der Sommermonate funktioniert haben. Denn ihr Alltag in Deutschland ist geprägt von zahlreichen Konflikten und Streitereien. Es ist aber auch der Ort, an dem ihr Vater vor fast 20 Jahren gestorben ist. Ein Unfall, an den sich die Schwestern nur ungern erinnern. Was hat es mit der Zusammenkunft also auf sich? Wird die Vergangenheit aufgerollt oder steckt eine ganz andere Absicht dahinter?

Der Klappentext klingt eigentlich spannend. Ein “Unser bester Sommer”-Vibe mit einer Vergangenheit, die nach und nach aufgerollt wird und einer mysteriösen Einladung? Call me in! Nur leider werden diese Erwartungen nicht erfüllt. Von den Beschreibungen her schafft es Peetz durchaus das Gefühl zu vermitteln, im Holland der heutigen Zeit zu sein. Die langen Spaziergänge am menschenleeren Strand, die Verwendung niederländischer Wörter und Bezeichnungen, das wechselhafte und oft launische (Regen)wetter. Die ersten Coronalockdowns sind vorüber, es wird über Whatsapp kommuniziert und der Flixbus wird genutzt, um zu reisen. Nach Sommer und Abenteuer fühlt es sich jedoch nicht an und auch die Spannung bleibt eher aus. Von der Vergangenheit der Familie erfährt man nur wenig. Der Tod des Vaters scheint nach Beendigung des Romans immer noch unerörtert im Raum zu stehen, von den Sommern in Kindheitstagen wird kaum erzählt. Obwohl es sich so anfühlt, dass darüber gesprochen werden möchte. Generell werden viele Themen angerissen und doch wird kaum näher auf sie eingegangen.

Obwohl die Geschichte aus einer auktorialen Erzählperspektive geschildert wird, liegt der Fokus vermehrt auf Yella und Amelie. Über die anderen wird auch erzählt, jedoch mit weniger Emotionen. Schade, denn alle vier haben einen interessanten Charakter und ich hätte gerne über jede etwas mehr erfahren wollen.

Yella ist Mutter zweier Kinder, die das Gefühl hat, sich weder im Leben weiterzuentwickeln noch so charakterstark wie ihre Schwester zu sein. Doro ist die älteste der Schwestern, schwer zugänglich und immer viel beschäftigt, denn ihre exzentrische Theaterwelt hält sie auf Trapp. Amelie ist der freiheitsliebende Zwilling. Stets auf Achse wechselt sie ihre Liebschaften, Wohnungen und Jobs alle paar Wochen aus. Das einzige Konstante in ihrem Leben scheint ihr Instagramkanal zu sein, der ihr das Gefühl von Einsamkeit jedoch auch nicht nimmt. Und dann wäre dann noch Helen. Sie wird als unzugänglich, rational denkend und faktenbasiert beschrieben. Alle vier wirken so unterschiedlich und fern voneinander, dass man sich die Frage stellt, ob sie wirklich alle von denselben Genen abstammen.

Alles in allem ein Roman, der mir wahrscheinlich eher nicht in Erinnerung bleiben wird und ich leider auch nicht empfehlen kann. Es fehlt mir definitiv an Throwbacks und Tiefgang der vielen angeschnittenen Themen. So viele vielversprechende Nebenhandlungen werden begonnen, aber gefühlt nicht weiter behandelt. Insbesondere hätte ich gerne mehr über den Vater erfahren sowie die Sidestory mit Philomena (der Taxifahrerin und dem Comedyclub) verfolgt.