Sanftes Plätschern

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europeantravelgirl Avatar

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20 Jahre nach dem Unfalltod ihres Vaters im Urlaub in Holland erhalten vier mittlerweile erwachsene Schwestern eine geheimnisvolle Einladung ihrer Mutter an eben jenen Ort. Aus unterschiedlichsten familiären/beruflichen Situationen und mit unterschiedlichsten Erwartungshaltungen reisen alle vier Schwestern an – vordergründig möchte die Mutter ihnen etwas mitteilen, aber aus Sicht zumindest einiger Schwestern auch, um sich ihrer gemeinsamen Vergangenheit zu stellen. Dank des locker-luftigen Schreibstils, passend zu der Unbeschwertheit in Holland, lässt sich der Roman flüssig lesen. Die Schilderungen der rauen Küste, von Wind und Natur, und insbesondere die Beschreibung der Wohnhäuser mit ihren schaufensterartigen Wohnzimmerfenstern, die mir persönlich immer ein Rätsel waren, verbreiten holländisches Lebensgefühl.

Der Roman widmet sich dem Beziehungsgeflecht und dem Seelenleben der einzelnen Schwestern. Die sind vier äußerst unterschiedliche Charaktere und werden im Buch auch mit unterschiedlicher Intensität und Tiefe geschildert. Während Yella und Doro von verschiedenen Seiten und mit ihren Hintergründen angeleuchtet werden, bleiben die Zwillinge Helen und Amelie seltsam blass und eindimensional. Das Gefühl, dass die Mutter unverstanden in der Distanz verbleibt, teilt der Leser mit den Schwestern.

20 Jahre liegt der Tod des Vaters zurück. Damals waren die vier Schwestern noch Kinder/Jugendliche, und seitdem war dies ein Tabu-Thema in der Familie, es wurde nie darüber gesprochen, keiner war jemals wieder dort. Es gab einen harten Bruch. Nun kehren sie an diesen Ort zurück und orientieren sich dort problemlos, werfen ganz selbstverständlich mit Straßennamen um sich, auch Geschäfte und Gebäude erscheinen nach 20 Jahren beinahe ausnahmslos unverändert. Das erstaunt. Zudem kann sich die eine Zwillingsschwester, damals ein kleines Kind von 9 Jahren, auf wundersame Weise an jedes noch so kleine Detail erinnern, gar Gespräche im Wortlaut wiedergeben. Eine Aufarbeitung findet nicht statt, sondern die Handlung schwebt zwischen Gestern und Morgen luftig wie ein holländischer Sommerwind und plätschert zart wie Meeresschaum sanft auf der Oberfläche vor sich hin, ohne sich in die Tiefen zu wagen.