Toll-Familienlügen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
heike lohr Avatar

Von

Das Buchcover stellt für mich die Haupterzählerin Yella dar, in dem roten Kleid, das sie von ihrer Schwester Doro, der Kostümbildnerin, geschenkt bekommt. Das Buch ist abwechselnd aus der Sicht der Sommerschwestern erzählt, welche unter ihrer Familiengeschichte und dem tragischen Unfalltod ihres Vaters leiden - nach all den Jahren.
Der Kontakt untereinander funktioniert über Whatsapp. Yella ist Mutter und arbeitet, um ihre Familie zu versorgen. Ihr Mann David kommt mit seinem Roman nicht weiter.
Amélie hat die Familienfotos mit und versucht immer eine gute Familienatmosphäre zu schaffen. Sie hat keinen Partner/keine Partnerin. Helen ist gerade verwirrt, weil ihr Partner sie heiraten will. Doro organisiert alles für ihre Mutter und ist in deren Geheimnis eingeweiht.
Die unterschiedlichen Charaktere der Schwestern sind gut herausgearbeitet, überzeugend und lassen die Gespräche, Streitgespräche und Versöhnungen realistisch und überzeugend erscheinen. Es gibt in dieser Familie keine Fahrplan durch die Kommunikation, warum sie funktioniert und warum nicht.
Alle Enthüllungen über ihren Familienurlaub und ihre Eltern führen dazu, dass die Schwester sich näher kommen und einander immer besser verstehen. Gleichzeitig bekommen ihre Partner immer mehr Konturen.
Die Handlungstruktur mit dem stückchenweise Auflösen der Familiengeheimnisse macht das Leseerlebnis spannend. Die sprachliche Gestaltung, die überraschenden Wendungen und die Erlebnisse lassen das Geschehen wie aus dem Leben gerissen erscheinen. Humor, Psychologie und das "Jetzt-Erst-Recht" machen das Buch amüsant und irgendwie auch tröstlich in einer Zeit, welche von Corona und mangelnder Kommunikationsfähigkeit geprägt ist. Gleichzeitig ist das Tempo wie eine Symphonie abgestimmt auf die jeweilgen Situationen und Stimmungen. Für mich ist das Buch gehobene Belletristik der besten Art.