Ein besonderer schwedischer Sommer

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pusteblume11 Avatar

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Der schwedische Sommer 1994 ist ein ereignisreich. Das ganze Land ist im Fußballfieber wegen des Erfolgs der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft. Gleichzeitig erschüttert ein Massenmord in der Stadt Faun das ganze Land. Diese beiden realen Ereignisse bilden quasi den Rahmen für eine fiktive Mordserie. Eine Frau wird erdrosselt aufgefunden und sehr bald wird deutlich, dass sie nur eines von mehreren Opfern ist. Einer der Ermittler ist Tomas Wolf. Er ist erst vor kurzen von einem UN-Einsatz aus Bosnienkrieg zurückgekehrt und hat noch schwer mit den Erinnerungen daran zu kämpfen. Zudem hat er eine schwierige Vergangenheit und eine Familie, die tief in rechtsextremen Bewegungen involviert ist. Die ehrgeizige Journalistin Vera Berg, die auch die Grenzen der Legalität überschreitet, ist sehr an dem Mordfall interessiert und versucht auf eigene Faust etwas über den Mörder herauszufinden. Ihr Privatleben ist nicht weniger mit Problemen belastet als das von Tomas Wolf.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Tomas und Vera erzählt. Die Stimmung diesen für Schweden besonderen Sommer fangen die Autoren sehr gut ein. Glaubwürdig und größtenteils atmosphärisch.
Dadurch, dass sich die beiden Protagonisten sich sehr viel im rechtsextremen und kriminellen Milieu bewegen, geht es auch sehr rau zu. Nicht von der Handlung her, sondern auch sprachlich. Man muss auch Rassismus, Sexismus und allgemeinen Menschenhass ertragen können. Hier gibt es einiges davon.
Der Schreibstil ist solide und die fast 600 Seiten sind schnell gelesen. Die Kriminalfall ist nicht unspannend, obwohl ich schon sehr früh einen Verdacht hatte, wer der Mörder sein könnte. Das Problem ist nur, dass hier das Leben der beiden Protagonisten im Vordergrund steht und nicht der Fall an sich. Diese Tatsache nimmt halt viel an Spannung raus. Normalerweise stört mich das nicht. Aber zu Vera und Tomas konnte ich überhaupt keine Verbindung aufbauen, weder positiv noch negativ. Aus diesem Grund war es mir egal, was ihnen passiert.
Ich habe schon sehr viele Bücher gelesen, in denen die Ermittler private Probleme haben. Aber hier haben es die Autoren mit dem „Gepäck“ übertrieben. Nicht nur bei Tomas, dem Polizisten, sondern auch bei der Journalistin Vera. Aber den Charakteren einfach nur viele Probleme andichten, macht sie nicht automatisch menschlich und greifbar.

Ich muss nicht mit dem Verhalten und Entscheidungen eines Protagonisten einverstanden sein, um eine Geschichte gut zu finden. Aber es glaubwürdig und nachvollziehbar sein, warum sie Dinge tun. Hier ist vor allem Vera Verhalten nicht nachvollziehbar. Ihre Angewohnheit sich und andere ständig und unnötig in Gefahr zu bringen, ist zudem ziemlich nervig.

Insgesamt hat es mich ganz gut unterhalten und die Idee die Geschichte im Jahr 1994 stattfinden zu lassen, wo es kein Internet und keine Handys gab und wo die Ermittlungen dementsprechend etwas anders waren, fand ich gelungen. Aber es war nicht so gut gemacht, dass ich Lust verspüre den zweiten Band zu lesen. Und dass es einen zweiten Band geben wird, wird am Ende sehr deutlich.