Ehrlich

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bookworld91 Avatar

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Ich muss hier weg. Ich muss raus aus diesem Auto. Sofort. Sonst sterbe ich.“ (Seite 20)
„Er war zu kaputt, um zu heilen, und er liebte sie zu sehr, um sie von seiner Dunkelheit einhüllen zu lassen.“ (Seite 570)
Diese beiden Zitate, bezogen auf Kriminalkommissar Tomas Wolf, zeigen, wie schwierig es sein kann, mit posttraumatischen Belastungsstörungen umzugehen. Doch wie hängt ein Kriegstrauma mit der aktuellen Mordserie in Stockholm zusammen? Damit beschäftigt sich Sommersonnenwende.
Ein Trauma kann in verschiedenen Formen auftreten. Ein Entführungsopfer wie Natascha Kampusch ist traumatisiert, Zeugen eines Verbrechens sind es, Missbrauchsopfer genauso wie Soldaten. In unserer Gesellschaft erleben wir besonders durch Kriege und geflüchtete Menschen traumatisierte Opfer.
Auch Tomas in den schwedischen Kriminalroman ist durch den Krieg traumatisiert. Er hat Leichen entdeckt, Kinder, die alles mitbekommen haben und hatte selber den Tot vor Augen. Nun soll sich der traumatisierte Kommissar um eine Reihe an Morden kümmern. Immer wieder stößt er dabei an seine Grenzen, zum Beispiel, als sein Bruder verdächtigt wird. Der ist als Teil einer fremdenfeindlichen Organisation und gierig nach Macht. Damit komme ich zu einen anderen wichtigen Thema im Krimi: Macht.

Während Tomas die Macht über seine Handlungen zeitweise aufgrund seines Traumas verliert, strebt sein Bruder nach Macht. Er möchte Geflüchtete vergewaltigen, im Krieg kämpfen um die schwachen zu foltern oder seine Macht generell ausüben. Dazu passt, dass er sich in rechtsradikalen Kreisen befindet und dort seine Fantasien mit anderen teilt. Ich finde es schwierig, mich mit Tomas Bruder und seinen Freunden zu identifizieren, auch wenn ich den Wunsch nach Kontrolle durchaus nachvollziehen kann. Das Autorenduo stellt die Situationen sehr authentisch da, sodass ich vieles nachvollziehen und begreifen kann.

Das letzte wichtige Thema ist Feminismus. Die Journalistin Vera ereifert sich darüber, dass ihr männlicher Kollege nicht anzüglich gegenüber Informanten se muss, während sie sich aufreizend kleiden muss, um Informationen zu erlangen. Diese Benachteiligung finde ich unverschämt, allerdings kann ich nachvollziehen, dass Männer untereinander locker ins Gespräch kommen. Das ist bei Frauen nicht zwingend gegeben.

Insgesamt fand ich den Krimi gut und sehr ehrlich geschrieben. Allerdings sind es sehr harte und stritt the, um die es geht. Ich gebe, da ich die nötige Distanz habe, fünf Sterne.