Sehr spannend, aber auch total überzogene Hauptfiguren

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Buchmeinung zu Pascal Engman & Johannes Selåker – Sommersonnenwende

Sommersonnenwende ist ein Kriminalroman von Pascal Engman & Johannes Selåker, der 2023 bei Ullstein in der Übersetzung von Ulla Ackermann erschienen ist. Der Titel der schwedischen Originalausgabe lautet Till minne av en mördare und ist 2022 erschienen.

Zum Autor:
Pascal Engman, geboren 1986, war Journalist für Schwedens größte Abendzeitung. Johannes Selåker arbeitete als Nachrichtenleiter als auch als Chefredakteur tätig war. Sommersonnenwende ist der erste Kriminalroman, den er zusammen mit Pascal Engman geschrieben hat.

Zum Inhalt:
Im heißen Sommer 1994 treffen die Journalistin Vera Berg und der Kommissar Tomas Wolf bei der Jagd auf einen Serienmörder von jungen Frauen aufeinander. Beide haben große Probleme und vertrauen einander nicht, aber nur gemeinsam können sie den Täter ermitteln.

Meine Meinung:
Mit den Figuren dieses Buches hatte ich von Beginn an Probleme. Tomas Wolf und Vera Berg leiden unter Problemen, die aus ihrer Vergangenheit herrühren. Vera wird von ihrer Familie für den Tod ihres Bruders verantwortlich gemacht und hat daraufhin jeden Kontakt abgebrochen. Sie will sich um Sigge, den Sohn ihres kriminellen Lebensgefährten, kümmern, damit dieser eine Chance auf ein normales Leben bekommt. Tomas Wolf leidet an posttraumatischen Belastungsstörungen, weil er als Kommissar und als UN-Soldat in Bosnien zu viele grausam verstümmelte Opfer gesehen hat. Obwohl er regelmäßig an massiven Aussetzern leidet, bleibt er unbehandelt im Polizeidienst. Zudem war Tomas Wolf wie seine Brüder ein bekennender Neonazi.
Der Plot ist verwickelt und verknüpft fiktive Elemente mit realen Ereignissen aus 1994, die die Schweden bewegt haben. Er bietet Raum für Entwicklungen und für Überraschungen. Das Tempo ist dank wechselnder Perspektiven hoch. Meist wird die Geschichte aus der Sicht der agierenden Person erzählt. Der Autor beschreibt ein Schweden mit vielen dunklen Seiten, in dem ich nicht leben wollte. Für die beiden Hauptfiguren Vera Berg und Tomas Wolf entwickelte ich sogar eine gewisse Sympathie, weil sie sich bemühten, etwas zu verändern. Die Spannungskurve ist ausgeklügelt und erreicht am Ende ihren Spitzenwert.
Der Plot hat mir sehr gut gefallen, aber leider habe ich eine Reihe von Minuspunkten gesehen. Weder Vera Berg noch Tomas Wolf unternehmen etwas gegen ihre Traumata. Sie leiden einfach vor sich hin und ihr Leidensszenario wiederholt sich immer wieder. Zudem agieren beide Hauptfiguren oft unprofessionell. Tomas Wolf wird sogar als positive Erscheinung in der schwedischen Polizei geschildert. Für mich hat ein Typ mit derartigen Aussetzer nichts im aktiven Polizeidienst mit einer Dienstwaffe zu suchen. Viele der Figuren sind extrem flach charakterisiert und wirken dadurch unrealistisch. Zudem wiederholen sich viele Motive zu oft. Zigaretten- und Alkoholkonsum bis zum Abwinken, Straffreiheit durch Einschüchterung der Opfer und der Zeugen, Veras Besuche beim Motorradclub und die verzweifelten Versuche von Tomas, seine Ehe zu retten. Zwischendurch Lichtblicke durch solide Ermittlungsarbeit, aber dann noch ein total negativer Epilog.

Fazit:
Der Plot war richtig gut, aber trotzdem hielt sich mein Lesevergnügen in engen Grenzen. Es gab einfach zu viele negative Komponenten. Deshalb kann ich den Titel nur mit zwei von fünf Sternen (50 von 100 Punkten) bewerten.