Sonnenaufgang Nummer 5 ist eine kurzweilige Lektüre, die den Leser mit einem wendungsreichen, leichtfüßigen Ton durch die Geschichte führt. Carsten Henn gelingt es, eine Prise Humor mit einer präzisen Beobachtungsgabe zu mischen, sodass man stets gespannt bleibt, wie sich die Erzählung entwickelt. Handlung und Aufbau Im Zentrum steht Stella Dorr, eine alte, einst berühmte Dame, die beschlossen hat, ihre Memoiren zu schreiben. Um den Auftrag professionell umzusetzen, engagiert sie einen jungen Ghostwriter. Von Beginn an spürt man, dass Stella nicht ganz die ganze Wahrheit erzählt; Erinnerungen werden gern ausgeschmückt, Details verdichtet oder neu interpretiert. Der Ghostwriter spürt, dass hinter Stellas Leben mehr steckt als in den Notizen ihrer Memoiren. Carsten Henn setzt auf eine klare, zugängliche Sprache, die auch humorvolle Nuancen zulässt, ohne die Ernsthaftigkeit der Grundfragen zu vernachlässigen. Der Ton ist locker genug, um Unterhaltung zu bieten, aber konzentriert genug, um Nachdenklichkeit zu transportieren. Die Dialoge wirken wie echte Gespräche zwischen zwei Menschen, die sich kennen, aber gleichzeitig an einer Art literarischem Schreibtischduell teilnehmen. Sonnenaufgang Nummer 5 ist eine gelungene, kurzweilige Lektüre, die mehr zu bieten hat, als es der knappe Randtitel vermuten lässt. Wer eine unterhaltsame, leicht zu lesende Geschichte sucht, die dennoch Platz für Nachdenken bereithält, der sollte sich dieses Buch schnappen.