Richtig tolle Welt mit leider doch viel verschenktem Potenzial

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mayab Avatar

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Dieses Buch hat mich am Anfang wirklich sehr schnell abgeholt. Eine RomCom in der Apokalypse, in der zwei Seelenverwandte versuchen, einander wieder loszuwerden, während sie aufeinander aufpassen müssen, weil wenn einer stirbt, stirbt der andere auch? Count me in. Klang wirklich interessant, die Leseprobe fand ich überzeugend, und als ich dann das Buch vollständig lesen konnte (was ich tatsächlich auch in drei Tagen geschafft habe, denn es lässt sich wirklich leicht lesen) ging es genauso weiter.
Zoe und Miloo sind Seelenverwandte (oder KinTwins, wie sie hier genannt werden), die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber plötzlich müssensie dann doch zusammenarbeiten, um den jeweils anderen wieder loswerden zu können. Nur natürlich lernt man sich auch besser kennen, wenn man so sehr am selben Strang zieht, und so wird aus anfänglichem Hass dann doch sehr schnell sowas wie Freundschaft. Was für mich auch wirklich gut funktioniert hat. Zoe wird inMilos Freundesgruppe hereingezogen und aufgenommen, und erlebt zum ersten Mal seit Jahren, wie es ist, sich nicht ständig im eigenen Haus einzuschließen, während Milo lernt, dass Adrenalin vielleicht nicht das wichtigste auf der Welt ist, und man ab und an auch mal Rücksicht auf andere nehmen kann.
Leider muss ich sagen, dass ich darüber hinaus kaum Chemie zwischen den beiden gefühlt habe. Die Freundschaft kaufe ich ihnen voll ab, die angebliche Romanze leider gar nicht. Dabei ist es nicht einmal so, als würde Welliver keine Romanzen schreiben können, den der besten Freundin von Milo habe ich ihre Beziehung schon abgekauft.
Die Figuren einzeln fand ich ebenfalls stark (auch wenn ich teils das Gefühl hatte, besonders bei Zoe, dass die erste Charakterisierung überhaupt nicht der Wahrheit entsprach, und sie eher Dinge gemacht hat, die ich nicht zwingend als passend empfunden hätte), und auch richtig gut gefallen hat mir, wie und dass queere Themen in der Geschichte aufgegriffen wurden. Man merkt, dass Welliver sich Gedanken gemacht hat, und wie queere Themen nebenbei immer wieder eingeflossen sind fand ich echt schön. Besonders die Erwähnung von Asexualität hat mich echt happy gemacht, weil ich damit so gar nicht gerechnet hatte. Hier wurden sich eindeutig Gedanken gemacht, und ganz viele Fragen, die ich andernfalls gehabt hätte, wurden so tatsächlich echt schön erklärt.
Ebenfalls gut gefallen hat mir die Idee der Seelenverwandtschaft, und auch die Kettenreaktion, die alle Geschehnisse automatisch immer mit sich führten. Ja, es war düster, aber irgendwie hat's auch gepasst, zu wissen wie viel mit jedem einzelnen Tod automatisch auf dem Spiel steht.
Im großen und ganzen fand ich's also richtig gut ... und dann kam die zweite Hälfte, die mich gerade weil ich den Anfang so sehr mochte eher enttäuscht hat.
Plötzlich ist Milo der praktisch erste Mensch seit Jahren, der auf die Idee kommt, anderen zu helfen, und wird dadurch ein Held (schiebt es aber Zoe in die Schuhe), Zoe wird von einer vernünftigen und bedachten Person, die immer alles durchdenkt zu jemandem, der sich plötzlich auf seine Gefühle stürzt und nur noch aus (angeblicher) Liebe handelt, unser "Bösewicht" wird wirklich sehr extrem, und aus dem RomCom, bei dem ich durchaus auch Komik erwarte, wurde eine eher richtig düstere Geschichte. Ich muss sagen, dass ich's von Anfang an nicht wirklich lustig fand, aber durch den leichten Ton, in dem alles geschrieben war, konnte ich mit dem "RomCom" trotzdem gut leben. In der zweiten Hälfte wird es aber gefühlt nur noch düster und grau und alles wird schrecklich und apokalyptisch, und damit hätte ich ganz ehrlich auch super leben können (hätte mir sogar besser gefallen als der leichte Ton am Anfang), aber die Mischung aus beidem haut für mich leider nicht hin. Man kann nicht so "hell" anfangen, und dann so "dunkel" weitermachen. Da hätte Welliver sich in meinen Augen für eins entscheiden müssen.
Insgesamt muss ich sagen, dass ich trotzdem eine echt gute Zeit hatte, und gerade der Anfang war wie gesagt echt super und die Welt und Ideen haben mir echt gut gefallen, am Ende war die Änderung des Tons aber unpassend, ganz viel Potenzial wurde in meinen Augen verschenkt, und es traf einfach nicht das, was die Geschichte mir eigentlich versprochen hatte.