Super fesselnd

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pik94 Avatar

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„Soulmates and Other Ways to Die“ von Melissa Welliver hat mich sofort mit seiner spannenden Grundidee gepackt: In dieser Welt hat jeder Mensch einen genetisch bestimmten Seelenverwandten – und wenn dieser stirbt, stirbt man selbst. Diese Prämisse ist faszinierend, gleichzeitig beklemmend, und bietet enormes Konfliktpotential. Die Vorstellung, dass Liebe nicht nur Herzenssache, sondern buchstäblich eine Frage von Leben und Tod ist, hat mich neugierig gemacht. Genau damit spielt das Buch über weite Strecken sehr erfolgreich.

Im Mittelpunkt steht Zoe, eine junge Frau, die genau weiß, wie gefährlich es ist, sein Leben mit einem anderen Menschen so eng zu verknüpfen. Sie reagiert darauf, indem sie versucht, alles unter Kontrolle zu halten, stets vorbereitet zu sein und bloß kein unnötiges Risiko einzugehen. Ihr Rucksack ist voll mit „Survival Gear“, ihr Kopf voll von Plänen für den schlimmsten Fall. Das macht sie einerseits zu einer nachvollziehbaren, starken Heldin, andererseits wirkt sie dadurch manchmal ein wenig distanziert. Dann tritt Milo Spencer in ihr Leben, und er ist das genaue Gegenteil von ihr: risikofreudig, impulsiv, ständig auf der Suche nach dem nächsten Adrenalinkick. Eigentlich die Sorte Mensch, die Zoe mit weitem Bogen umgehen würde – wäre da nicht das Schicksal, das beide untrennbar miteinander verbindet.

Die Dynamik zwischen Zoe und Milo ist der große Motor der Handlung. Hier treffen zwei Extreme aufeinander: Sicherheit versus Risiko, Vernunft versus Abenteuer, Kontrolle versus Chaos. Genau daraus entstehen die Konflikte, Missverständnisse und auch die humorvollen Szenen, die das Buch so lebendig machen. Es war ein Vergnügen, den beiden dabei zuzusehen, wie sie einander annähern, wie sie lernen, Kompromisse einzugehen und dabei gleichzeitig feststellen, dass sie sich gar nicht so sehr unterscheiden, wie es auf den ersten Blick scheint. Dass hier eine klassische Enemies-to-Lovers-Spannung mitschwingt, hat mir gefallen – auch wenn die eine oder andere Entwicklung vorhersehbar war.

Spannend fand ich, dass die Autorin das Setting nicht nur für romantische Konflikte nutzt, sondern auch größere Fragen stellt: Was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn Partnerschaft nicht frei gewählt ist, sondern genetisch vorbestimmt? Was, wenn man seinen Soulmate nicht leiden kann – oder wenn dieser in ständiger Gefahr lebt? Diese Aspekte werden angerissen und liefern interessante Denkanstöße, auch wenn ich mir an manchen Stellen noch tiefere Einblicke gewünscht hätte. Manche Regeln des Worldbuildings bleiben eher vage. Wie genau das System funktioniert, warum es gesellschaftlich so akzeptiert ist, welche Kontrollmechanismen es gibt – all das hätte man noch stärker ausarbeiten können. Trotzdem reicht die Grundlage, um die Handlung spannend voranzutreiben.

Sehr gelungen fand ich den Ton des Buches. Obwohl es um Leben und Tod geht, ist die Geschichte nie bedrückend oder zu düster. Es gibt viele humorvolle Szenen, die die Schwere auflockern, und Melissa Welliver gelingt es, auch ernste Themen leichtfüßig zu erzählen, ohne dass sie an Bedeutung verlieren. Besonders die Dialoge zwischen Zoe und Milo haben mich oft zum Schmunzeln gebracht. Gleichzeitig gibt es berührende, stille Momente, in denen man als Leserin die Verletzlichkeit der Figuren spürt und mit ihnen hofft und bangt. Diese Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit ist eine große Stärke des Romans.

Das Tempo schwankt etwas. Der Einstieg ist packend, dann gibt es eine Phase im Mittelteil, die sich etwas zieht, bevor das Finale wieder an Fahrt aufnimmt. Für mich war das kein Beinbruch, weil ich die Figuren gerne begleitet habe, aber wer auf permanente Hochspannung aus ist, könnte diese ruhigeren Passagen als langatmig empfinden. Dafür bietet das Ende eine gute Mischung aus Auflösung und offenen Fragen, sodass man nach dem Zuschlagen des Buches noch eine Weile darüber nachdenkt.

Zoes Entwicklung hat mir gut gefallen: von der übervorsichtigen Kontrollfreakin hin zu einer jungen Frau, die sich öffnet und zulässt, dass Nähe auch etwas Schönes und nicht nur Bedrohliches sein kann. Milo wiederum zeigt, dass hinter der Fassade des draufgängerischen Adrenalinjunkies ein verletzlicher Mensch steckt, der ebenso Angst hat, nur anders damit umgeht. Dieses „langsames Entschälen“ der Figuren war für mich einer der schönsten Aspekte des Buches.

Stilistisch liest sich das Buch sehr flüssig. Die deutsche Übersetzung ist leicht verständlich, jugendlich, aber nicht platt. Gerade für die Zielgruppe der jungen Erwachsenen ist das perfekt getroffen. Dazu kommt ein wunderschönes Cover, das sofort ins Auge fällt und neugierig macht – ein optisches Highlight, das dem Inhalt gerecht wird.

Natürlich gibt es auch ein paar Kritikpunkte: Wie erwähnt, ist die Handlung in manchen Teilen vorhersehbar, und das volle emotionale Potential hätte man noch stärker ausschöpfen können. Besonders die wirklich dramatischen Szenen hätten ruhig noch mehr Wucht haben dürfen. Auch das Worldbuilding hätte detaillierter sein können. Aber das sind für mich eher Kleinigkeiten, die den positiven Gesamteindruck nicht stark schmälern.

Alles in allem ist „Soulmates and Other Ways to Die“ ein sehr gelungenes Jugendbuch, das Romantik, Spannung und eine originelle Idee miteinander verbindet. Es ist gleichzeitig unterhaltsam, berührend und regt zum Nachdenken an. Wer gerne romantische Geschichten mit einer ungewöhnlichen, leicht dystopischen Prämisse liest, wird hier sicher Freude haben. Es ist nicht das perfekte Buch, aber ein sehr gutes – und deshalb gibt es von mir vier von fünf Sternen.