Rezension zu "Spät am Tag"

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Kristin Vego entführt die Leser in „Spät am Tag“ in eine stille, beinahe meditativ wirkende Erzählung. Die Geschichte ist ruhig und unaufgeregt, fast wie ein leises Fließen, das nicht durch große Dramen, sondern durch die Kraft von Erinnerungen und feinen Beobachtungen getragen wird. Im Mittelpunkt steht die Protagonistin, deren Gedanken und Erinnerungen sich wie Mosaiksteine aneinanderfügen.
Besonders positiv fand ich, dass die Autorin die Figurenwelt bewusst klein hält. Es treten nicht zu viele Charaktere auf, sodass die Geschichte überschaubar bleibt und man sich ganz auf die Hauptprotagonistin und ihre innere Reise konzentrieren kann. Dieser Fokus sorgt dafür, dass man als Leser nicht abgelenkt wird, sondern sich in die detailverliebte Sprache und die leisen Zwischentöne versenken kann.
Die Stärke des Romans liegt für mich eindeutig in der präzisen und poetischen Detailverliebtheit. Die Autorin beschreibt Orte und Stimmungen so intensiv, dass man sich leicht dorthin wegträumen kann. Man spürt beinahe die Atmosphäre der Schauplätze, riecht, sieht und hört sie – und begleitet die Protagonistin dadurch nicht nur auf einer erzählerischen, sondern auch auf einer sehr sinnlichen Reise.
Allerdings erfordert die Erzählweise ein wenig Geduld. Wer rasante Handlungen oder plötzliche Wendungen sucht, könnte sich mit der ruhigen Aneinanderreihung von Erinnerungen etwas schwertun. Für alle, die gerne in eine dichte Sprache eintauchen und innere Bilder entstehen lassen, ist „Spät am Tag“ jedoch eine lohnende Lektüre.