Affenliebe

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herbstrose Avatar

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Als die Studentin Aimee zufällig im Fernsehen eine Sendung sieht, bei der Professor Guy Schermerhorn mit seinem Schimpansen Sam, dem er das Kommunizieren mittels Gebärdensprache beigebracht hat, auftritt, ist es um sie geschehen. Sie möchte Sam unbedingt kennenlernen und bewirbt sich bei Schermerhorn um die Stelle einer studentischen Hilfskraft. Bereits bei ihrem ersten Besuch im Hause des Professors springt der zweijährige Sam in Aimees Arme und lässt sie nicht mehr los. Sie ist hingerissen von dem kleinen lebhaften Kerl und ist von nun an für sein Wohlergehen verantwortlich. Sie zieht ihn wie ein Kind auf, lernt selbst die Gebärdensprache und unterhält sich mit ihm, verliebt sich in ihn - und wird auch bald die Geliebte des Professors. Doch nach einigen Jahren werden die Fördermittel des Verhaltensforschungs-Programms gestrichen und Guy muss Sam seinem ehemaligen Besitzer zurückgeben, der ihn für Laborversuche zur Verfügung stellen will. Aimee kann es nicht fassen, für sie bricht eine Welt zusammen und so beschließt sie gegen alle Vernunft, den Kampf um Sam aufzunehmen …

Der US-amerikanische Schriftsteller T. C. Boyle wurde 1948 in Peekskill, New York, geboren. Er studierte Englisch und Geschichte an der New York State University und erwarb den Doktortitel in englischer Literatur des 19. Jahrhunderts. Von Ende der 1970er Jahre bis 2012 lehrte er Creative Writing an der University of Southern California in Los Angeles. Er ist bekannt für seine gründlich recherchierten Romane, die oft auf realen Ereignissen basieren, und die in vielen Sprachen übersetzt wurden. Heute lebt der Autor gemeinsam mit Frau und Kindern in Montecito, Kalifornien.

„Sprich mit mir“ ist ein bitterböser Roman, der mit brutaler Offenheit aufzeigt was geschehen kann, wenn Menschen versuchen Tiere zu vermenschlichen. Ein Tier in Kleidung zu stecken, am Tisch mitessen zu lassen und mit ihm im selben Bett zu schlafen ist weder für den Menschen, noch für das Tier gut. Die Beziehung zwischen Aimee und Sam mag während seiner Kindheit noch tolerierbar sein, nach seiner Geschlechtsreife jedoch unnatürlich und äußerst gefährlich, da ein ausgewachsener Schimpanse Kräfte entwickeln kann, die nicht mehr beherrschbar sind. Gleichzeitig ist der Roman auch eine massive Kritik an Tierversuchen und Experimenten an Tieren, die unter dem Deckmantel der Wissenschaft und Forschung vorgenommen werden.

Neben der interessanten Handlung ist auch der Schreibstil bemerkenswert. Boyle wechselt in der Geschichte die Perspektiven zwischen Aimee, Sam und dem Professor und unterstreicht so die Dreierbeziehung, indem er den Leser jeweils in ihre Gefühle und Gedanken hinein versetzt. Ja, auch Tiere haben Gefühle (wie jeder Tierbesitzer weiß), und besonders die von Sam wühlen auf, schockieren und stimmen sehr nachdenklich. Man ist irritiert von seiner menschlichen Seite und bestürzt, wenn plötzlich das wilde Tier in ihm durchbricht. Hat der Mensch wirklich das Recht, wilde Tiere zu vermenschlichen, in Käfige zu stecken und sie für seine Zwecke zu missbrauchen?

Fazit: Ein außergewöhnlich einfühlsamer Roman über Tierliebe, über die Vermenschlichung von Tieren und über deren Missbrauch – sehr lesenswert.