Bleibt thesenhaft
Hm, die Themen fand ich durchaus spannend, und ich gehe auch sehr mit T.C. Boyles Haltung mit. Aber gerade weil ich andere Bücher von ihm so liebe, fand ich dieses doch recht mau.
Dabei war ich von den ersten 20 Seiten recht angetan. Diese junge Studentin Aimee, die nicht recht weiß, wohin sie mit ihrem Leben soll, ist von Sam, dem Affen, den sie in einer Fernsehshow als Teil eines Experiments sieht, total elektrisiert. Und ich war ganz fasziniert, wie schnell ich an sie als Protagonistin rankomme bin, so dass sie schon nach wenigen Zeilen lebensecht vor meinem inneren Auge wurde.
„Da spekulierte man über Leben auf andern Planeten, während hier, direkt vor uns, ein vollkommen anderes Bewusstsein existierte, das nur darauf wartete, freigesetzt zu werden. Kannten Affen einen Gott? Hatten sie eine Seele? Dachten sie über Tod und Erlösung nach?“
Doch ziemlich schnell hatte ich mit den Protagonist:innen die größten Probleme des Buches. Ich kam über weite Strecken nicht wirklich an sie ran. Gut, ab der Mitte des Buches wurde es wieder etwas besser, aber so lebendig, wie zu Beginn des Buches, kam mir selbst Aimee nicht mehr nahe.
Und die große Frage, WARUM Aimee so fasziniert ist, warum sie sich so für den Affen ins Zeug legt, bleibt eine große Leerstelle, die sehr unfreiwillig erscheint. Denn die Antworten des Buchs bleiben mir zu sehr an der Oberfläche: Mutterschaft, Liebe, Verantwortung, leider füllt Boyle diese Begriffe nicht so mit Leben, wie ich es von ihm erwartet habe. Damit zeichnet er auch ein recht binäres Genderbild zwischen sorgender Mutter-Rolle und der eines Vaters, der sich dann doch lieber rausnimmt, wenn es zu schwierig wird. (Einmal kommt das I-Wort vor, aber das könnte auch der Übersetzung geschuldet sein.)
Grenzen der Forschung, ethische Fragen, Tierrechte und Umweltschutz, all das habe ich gesehen, und dass es Boyle wichtig ist, aber auch hier blieb mir das Buch zu sehr an der Oberfläche.
Aber was ich richtig schade fand: An Sam, den Affen und eigentlichen Hauptprotagonisten, komme ich durch die marinierten Subjektiven nun auch nicht wirklich ran. (Obwohl das zugegebenermaßen im Verlauf des Buches besser wird.) Das verfehlt dann aber irgendwie das Thema des ganzen Buches. Ganz anders als in Boyles Kurzgeschichte „Hell Lodernd“ (erschienen in „Sind wir nicht Menschen“), bei der ich glaubte, die Tigerin Tara irgendwie wirklich verstehen zu können. Logisch, das ist Hybris, aber dort schaffte Boyle eben auf einem ganz schmalen Grat ein wenig jene Fragen zu beantworten, die er an der Stelle, die ich zitiert habe, selbst stellt.
Meinen ersten Roman von T.C. Boyle habe ich als Teenagerin gelesen. Und seine Bücher haben mich lange beim Erwachsenwerden begleitet, durchaus prägend, auch, wenn Boyle fast so alt ist wie meine Eltern. Ich mag seine Themen, seine überbordende Sprache, seine scharfen Analysen, seinen Witz, das Ausloten seiner Figuren in Schachtelsätzen, die dann in meinem Kopf einen erhellenden Punkt finden.
Aber irgendwann hatte ich das vielleicht ein bisschen über, die Bücher waren nicht mehr ganz so grandios. Ich habe dann vor einigen Jahren „Die Terranauten“ gelesen, nicht schlecht, aber eben auch nicht überragend. Im Vergleich nun mit „Sprich mit mir“ finde ich es aber spannender, geschlossener auch (was sehr zur geschlossenen Biosphären-Projekt passt) und bin vor allem mehr an die Protagonist:innen rangekommen. Dann habe ich kürzlich den ganz aktuellen Kurzgeschichten-Band „Sind wir nicht Menschen“ gehört, grandios gelesen von Florian Lukas. Und dabei war ich wieder so elektrisiert wie früher. Von „meinem“ Boyle.
„Sprich mit mir“ hat viele spannende Themen, aber letztendlich bleibe ich bei meinem „Hm“. 3 von 5 Sternen.
Dabei war ich von den ersten 20 Seiten recht angetan. Diese junge Studentin Aimee, die nicht recht weiß, wohin sie mit ihrem Leben soll, ist von Sam, dem Affen, den sie in einer Fernsehshow als Teil eines Experiments sieht, total elektrisiert. Und ich war ganz fasziniert, wie schnell ich an sie als Protagonistin rankomme bin, so dass sie schon nach wenigen Zeilen lebensecht vor meinem inneren Auge wurde.
„Da spekulierte man über Leben auf andern Planeten, während hier, direkt vor uns, ein vollkommen anderes Bewusstsein existierte, das nur darauf wartete, freigesetzt zu werden. Kannten Affen einen Gott? Hatten sie eine Seele? Dachten sie über Tod und Erlösung nach?“
Doch ziemlich schnell hatte ich mit den Protagonist:innen die größten Probleme des Buches. Ich kam über weite Strecken nicht wirklich an sie ran. Gut, ab der Mitte des Buches wurde es wieder etwas besser, aber so lebendig, wie zu Beginn des Buches, kam mir selbst Aimee nicht mehr nahe.
Und die große Frage, WARUM Aimee so fasziniert ist, warum sie sich so für den Affen ins Zeug legt, bleibt eine große Leerstelle, die sehr unfreiwillig erscheint. Denn die Antworten des Buchs bleiben mir zu sehr an der Oberfläche: Mutterschaft, Liebe, Verantwortung, leider füllt Boyle diese Begriffe nicht so mit Leben, wie ich es von ihm erwartet habe. Damit zeichnet er auch ein recht binäres Genderbild zwischen sorgender Mutter-Rolle und der eines Vaters, der sich dann doch lieber rausnimmt, wenn es zu schwierig wird. (Einmal kommt das I-Wort vor, aber das könnte auch der Übersetzung geschuldet sein.)
Grenzen der Forschung, ethische Fragen, Tierrechte und Umweltschutz, all das habe ich gesehen, und dass es Boyle wichtig ist, aber auch hier blieb mir das Buch zu sehr an der Oberfläche.
Aber was ich richtig schade fand: An Sam, den Affen und eigentlichen Hauptprotagonisten, komme ich durch die marinierten Subjektiven nun auch nicht wirklich ran. (Obwohl das zugegebenermaßen im Verlauf des Buches besser wird.) Das verfehlt dann aber irgendwie das Thema des ganzen Buches. Ganz anders als in Boyles Kurzgeschichte „Hell Lodernd“ (erschienen in „Sind wir nicht Menschen“), bei der ich glaubte, die Tigerin Tara irgendwie wirklich verstehen zu können. Logisch, das ist Hybris, aber dort schaffte Boyle eben auf einem ganz schmalen Grat ein wenig jene Fragen zu beantworten, die er an der Stelle, die ich zitiert habe, selbst stellt.
Meinen ersten Roman von T.C. Boyle habe ich als Teenagerin gelesen. Und seine Bücher haben mich lange beim Erwachsenwerden begleitet, durchaus prägend, auch, wenn Boyle fast so alt ist wie meine Eltern. Ich mag seine Themen, seine überbordende Sprache, seine scharfen Analysen, seinen Witz, das Ausloten seiner Figuren in Schachtelsätzen, die dann in meinem Kopf einen erhellenden Punkt finden.
Aber irgendwann hatte ich das vielleicht ein bisschen über, die Bücher waren nicht mehr ganz so grandios. Ich habe dann vor einigen Jahren „Die Terranauten“ gelesen, nicht schlecht, aber eben auch nicht überragend. Im Vergleich nun mit „Sprich mit mir“ finde ich es aber spannender, geschlossener auch (was sehr zur geschlossenen Biosphären-Projekt passt) und bin vor allem mehr an die Protagonist:innen rangekommen. Dann habe ich kürzlich den ganz aktuellen Kurzgeschichten-Band „Sind wir nicht Menschen“ gehört, grandios gelesen von Florian Lukas. Und dabei war ich wieder so elektrisiert wie früher. Von „meinem“ Boyle.
„Sprich mit mir“ hat viele spannende Themen, aber letztendlich bleibe ich bei meinem „Hm“. 3 von 5 Sternen.