Glücklicherweise nicht ins Rührselige abdriftend

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Als Vielleser kann man T. C. Boyle ja an sich noch nicht nicht begegnet sein – mir ist es bislang gelungen, jedenfalls habe ich bislang keines seiner Bücher gelesen. Doch „Sprich mit mir“ versprach eine wilde Geschichte.

Eigentlich drückt Aimee sich nur vor dem Lernen, wozu sie sich eine Gameshow ansieht. Als sie dort den Schimpansen Sam sieht, ist sie fasziniert: er kann sich artikulieren - via Gebärdensprache. Wie es der Zufall will, kennt sie seinen „Betreuer“ Professor Schemerhorn vom Campus und kommt zum Team um Sam dazu. Immer tiefer wird die Beziehung zwischen ihr und Sam, bis eines Tages dem Projekt die Mittel gestrichen werden und Schemerhorn die Uni wechselt. Dass ihre „Beziehung“ zu Sam damit passé sein soll, kann und will Aimee nicht akzeptieren …

Ist „Sprich mit mir“ denn nun eine wilde Geschichte? Ja und nein … Die grundsätzliche Frage, der Boyle nachgeht, ist, ob Tiere uns nicht weit ähnlicher sind, als wir glauben oder gern hätten. Warum gern hätten? Nun, weil manche Menschen ihnen sogar Gefühle absprechen, weil wir uns über sie stellen – und dann sind sie so „menschlich“? Ungemütliche Erkenntnis … umso mehr als Boyle mit der „Figur“ des Schimpansen Sam ja nicht von ungefähr ein Tier wählt, das uns ähnlicher ist als jedes andere. Und dieses Wesen, dem Boyle auch noch die Fähigkeit gegeben hat, sich zu äußern, wird nun also durch Tierversuche geschleust – wem dabei nicht die Tränen kommen bzw. das Messer in der Tasche aufgeht, wäre mir ein Rätsel. Doch es besteht ja Hoffnung, denn es gibt ja Aimee, stellvertretend für Menschen, die nicht stillschweigend zusehen wollen, die kämpfen. Was allerdings die größte Leistung Boyles ist, ist der Umstand, dass diese Handlung nach einer rührseligen Geschichte klingt und es stattdessen zahlreiche komische Stellen gibt (schon allein die Beschreibung von Studenten und des Wissenschaftsbetriebs hat es in sich) und die Geschichte in einem teils recht lakonischen Tonfall daherkommt. Nachdenklich stimmend und doch zum Schmunzeln bringend: das muss man erst mal hinkriegen.