Viel Schmuck um wenig Worte

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Ich sage es vorab: Ich habe das Buch "Sprich mit mir" noch nicht ausgelesen. Das hat viele Gründe, dazu komme ich gleich.

Aber vorab, worum geht es?

Die Geschichte spinnt sich um Sam, einen Schimpansen, der Teil eines Sprachexperiments ist. Denn Sam beherrscht Gebärdensprache. Die Studentin Aimee sieht ihn zum ersten Mal im Fernsehen und legt darauf hin ihr Leben auf Eis, um Professor Schemerhorn dabei zu helfen, Sam aufzuziehen. Alles verwickelt sich in ein menschliches Drama in dessen Mittelpunkt Sam steht, um den sich jeder noch so kleine Gedanke der Figuren dreht.

Ich möchte mit dem Positiven beginnen: die Geschichte hat etwas Neues an sich, zumindest für mich. Als Leserin lerne ich besonders Sam gut kennen, kapitelweise erzählt sich die Geschichte auch aus seiner Perspektive. Ich sage absichtlich "erzählt sich", weil es sehr eindeutig eine Außensicht ist, die uns die Geschichte mitteilt. Auch die Gefühle der Figuren - ob nun die von Aimee, dem Professor, Sam oder einem der anderen Charaktere. Ich weiß immer, wie ihnen zumute ist. Ich habe Spaß zu lesen, wie das Experiment verläuft. Wie gute und schlechte Momente sich abwechseln, das ist sehr insgesamt authentisch.

Auch authentisch ist, wie distanziert ich mich als Leserin zu den Figuren fühle. Ich weiß praktisch nichts über den Professor oder Aimee, geschweige denn über irgendwelche potenziell wichtigen Nebenfiguren. Immerhin geht es hier aber auch um ein Experiment, in dessen Mittelpunkt Sam steht. Somit macht dieser Aspekt, stilistisch gesehen, durchaus Sinn.

Dennoch habe ich das ein oder andere Problem beim Lesen: Die Geschichte verspinnt sich zeitweise in überlange Beschreibungen, die mich an Stephen Kings "Das Mädchen" erinnern. Ich habe vor Jahren versucht diesen Roman zu lesen, habe ihn aber abgebrochen. Ich weiß aber, "Sprich mit mir" werde ich auslesen. Wenn es auch dauern wird. Lese ich zehn Seiten, brauche ich gefühlt einen Tag Pause. Woran das liegt, kann ich nicht genau festmachen. Einerseits bestimmt das Gefühl, mit Füllwörtern bei der Stange gehalten zu werden, wenngleich Sams Wortschatz relativ gering ist, womit man gut hätte arbeiten können. Andererseits auch das beklemmende Gefühl, was mich seit Seite 1 des Romans verfolgt. Die Geschichte wirkt grau, einengend, stellenweise sogar beängstigend. Es ist ein Gefühl, nicht die Geschichte selbst. Vielleicht auch bedingt durch die Distanz zu den Figuren, die ich bereits angesprochen habe.

Ich mag das Konzept, die Idee des Buches. Ich mag Sam. Ob ich andere Charaktere mögen kann, weiß ich nicht. Stellenweise habe ich das Gefühl, Aimees oder Schemerhorns Eigenschaften scheinen durch, wenn auch nur kurzweilig. Ich empfinde es schwer, in der Geschichte voran zukommen. Habe an vielen Stellen das Gefühl, obwohl Wochen oder Monate im Universum des Romans vergangen sind, einen Schritt in die Vergangenheit gemacht zu haben.

Um das Ganze zusammenzufassen: An sich eine gute Geschichte, nur ist für mich der Funke nicht übergesprungen. Sehr schade, aber vielleicht ändert sich meine Meinung noch, wenn ich zum Ende des Romans komme.

Ein kurzes PS. für den Abschluss: Das Cover und der Schutzumschlag sind traumhaft schön. Ich würde im Buchladen definitiv danach greifen und bin sehr froh, mit dem Buchrücken von "Sprich mit mir" mein Regal verschönern zu dürfen.