Berührende Familiengeschichte

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Der Musikproduzent und Rapper Kurt Tallert (*1986) erkannte schon im Geschichtsunterricht der 90er Jahre klarsichtig, dass der Holocaust für ihn nicht nur ferner Schulstoff ist: Sein Vater ist ein Überlebender. Auch mit über 60 Jahren noch gezeichnet von den Erfahrungen, die er als Jugendlicher im Zwangsarbeiterlager und der Gestapohaft gemacht hat. Den Jungen Kurt beschäftigt all das sehr, ohne dass er mit dem Vater im Detail darüber sprechen kann. Es ist seine Mutter, die ihm und seinem Bruder Buchenwald zeigt und über die Familie ihres Mannes spricht.

Nach dem Tod seines Vaters nähert sich der Autor diesem an, forscht in seiner Familiengeschichte, liest die Akten und die Briefe, fährt nach Theresienstadt und wieder nach Buchenwald. Er denkt über das Schicksal seiner jüdischen Urgroßmutter nach, die 80-jährig aus dem Seniorenheim nach Auschwitz gezerrt und genau wie ihre Tochter ermordet wird. Er liest die Akten aus dem „Wiedergutmachungsverfahren“ seines Großvaters, der als Holocaustüberlebender in der BRD der 50er Jahre demütigenden Prozeduren unterzogen wird. Und Kurt Tallert reflektiert über seine Familiengeschichte. Die Verwandten, die er nie kennengelernt hat. Aber auch über den Gerechtigkeitsinn seines Vaters, des Bundestagsabgeordneten, der sich gegen Herbert Wehner auflehnt, als die SPD-Fraktion der oben Ex-Nazi als obersten Verfassungsschützer. Und über seine Dämonen.

Herausgekommen ist ein lesenswertes, manchmal wütendes und immer spannendes Buch, das heute mehr denn je gelesen werden sollte.