Ich hatte weit mehr erwartet!

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
psychocat78 Avatar

Von

Nach Beendigung dieses Buches war mein erster Gedanke: "Was wollte mir der Autor nun überhaupt mit diesem Buch mitteilen?"

Ich bin vermutlich die gleiche Generation wie der Autor (ich wurde Ende der 70er Jahre geboren) und da meine Eltern bei meiner Geburt die 40er schon lange hinter sich gelassen hatten, habe ich auch das (fragwürdige) Glück, Eltern gehabt zu haben, die den 2. Weltkrieg mit all seinem Schrecken in voller Bandbreite miterlebt haben und dessen Folgen indirekt auch auf mich eine mehr oder weniger starke Auswirkung hatten. Für mich sind die Geschehnisse des Dritten Reiches daher ebenfalls nicht nur Schulbuchliteratur und mit diesem Hintergrund (der noch weitergeht, aber an dieser Stelle nichts zu suchen hat) lehne ich mich so weit aus dem Fenster und behaupte, dass ich, genau wie der Autor, einen recht guten Einblick in diese Materie habe. Und ja - das, was sein Vater und viele andere Juden erlebt haben, ist unaussprechlich grausam - darüber braucht man gar nicht diskutieren.

Ich muss aber leider sagen, dass in diesem Buch nur sehr wenig davon bei mir als Leser ankam. Ich weiß auch einige Zeit nach dem Lesen sowie dem wiederholten Lesen einiger Kapitel nicht, was der Autor sagen möchte, was er dem Leser nahebringen wollte und um was es ihm ging.
Er verliert sich sehr oft in mehr oder weniger unbedeutenden Details und der Schreibstil ist durchdrungen von Schachtelsätzen, von denen ich nicht nur ein paar wiederholt lesen musste, um den Faden nicht zu verlieren.

Sehr oft wurden Fachbegriffe bzw. rhetorisch sehr hoch angesiedelte Begriffe verwendet, die ich zum Teil erst nachschlagen musste (etwas, was ich nur äußerst selten und vor allem nicht mehrmals in einem Buch machen muss). Gerade diese Begriffe wurden in den vorher erwähnten verschachtelten Sätzen sehr gerne verwendet.

Fast zur Gänze gefehlt haben mir dagegen Emotionen. Aber sollte nicht gerade das zumindest in Anteilen bei der persönlichen Geschichte bzw. der des Vaters vorhanden sein? Dadurch blieb mir die ganze Familie sehr distanziert und ich empfand es nur als weiteres Buch unter sehr vielen betreffend der Judenverfolgung und der nachfolgenden Generation. Schade, denn gerade heutzutage ist es doch nur noch in seltenen Fällen möglich, Leute in meinem Alter zu treffen, deren Eltern oder ein Elternteil noch Zeitzeugen aus der Zeit des Nationalsozialismus sind bzw. waren.

Der Klappentext, aber auch die Leseprobe haben hier weit mehr versprochen, als was die Realität dann zeigte. Für mich kann ich nach Abschluss des Buches nur sagen, dass ich stellenweise eher an eine Abrechnung mit dem Vater denken musste, als an ein Stück Zeitgeschichte.

Das Cover fand ich okay, vor allem mal etwas anderes, was ich weder negativ noch positiv bewerten kann.