Mahnung

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Kurt Tallerts Auseinandersetzung mit seiner jüdischen Familiengeschichte ist nicht leicht zu lesen und zu verdauen. Der Autor ist Jahrgang 1986, durch seinen Vater, der bei der Geburt des Sohnes bereits 58 Jahre alt war, aber der Generation der Kriegsenkel zuzuordnen. Der Vater Harry Tallert wurde als "Halbjude" im Nationalsozialismus verfolgt, überlebte, war aber Zeit seines Lebens auf besondere Art beschädigt, suchte vielfach im Alkohol Zuflucht und konnte die Haltung vieler Mitbürger in Westdeutschland nicht verstehen, sich mit der Vergangenheit so gar nicht auseinanderzusetzen. Wer waren die Täter, wer die Opfer, wer gehört wohin und wo verschwimmen die Grenzen?

Weit nach dem Tod des Vaters - Kurt ist zu diesem Zeitpunkt erst zwölf Jahre alt - begibt sich der Sohn auf eine Reise zu den Orten der Vergangenheit, zu Vernichtungslagern und Gedenkstätten, nutzt hinterlassene Dokumente des Vaters, um sich ihm, seiner Familie, der Verfolgung, den Qualen und Demütigungen anzunähern. Schließlich wendet er sich brieflich an seine jüdische Urgroßmutter Berta, die er natürlich nie kennenlernen konnte.

Mit Kurt Tallerts Stil hatte ich doch häufig Schwierigkeiten. Soweit er eigene Kindheitserinnerungen an den Vater ansprach, Notizen, Fotos und Dokumente heranzog und insgesamt anschaulich blieb, konnte ich seine Gedanken gut nachvollziehen. Zudem konnte ich vermittelt durch Briefe und schriftliche Erinnerungen seines Vaters auch diesen kennenlernen - einen Zeit seines Lebens politisch aktiven Menschen, der sich mit der NS-Vergangenheit aktiv auseinandersetzte. In weiten Teilen wurde mir das Sachbuch jedoch zu theoretisch und philosophisch, teils nahezu unverständlich. Das ist schade, denn das Thema ist so ungeheuer wichtig, gerade heute und für jeden von uns. Wo und wie begegnen wir aktuell Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung?