Spannende erste Hälfte

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mysticcat Avatar

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„Standing Ovations“ von Charlotte Runice, übersetzt von Katharina Martl, beginnt als vielversprechender Roman, der eine Vielzahl gesellschaftlich relevanter Themen aufgreift. Der Roman beleuchtet Fragen rund um Feminismus, Machtmissbrauch, die ungleichen Anforderungen an Mütter und Väter in der Arbeitswelt, das Leben als Künstlerin sowie die Dynamiken in der Medienlandschaft. Diese Themenvielfalt verleiht der ersten Hälfte des Buches große Tiefe und Relevanz und macht sie zu einem starken Einstieg.

Ein besonderer Moment war für mich die Erkenntnis über den Titel „Dame“ in Bezug auf Alex’ Mutter, den ich erst nach eigener Recherche in seiner Bedeutung erfassen konnte. Die Übersetzung von Katharina Martl ist insgesamt stimmig und trägt dazu bei, den Ton des Originals gut ins Deutsche zu übertragen.

Verstörend war jedoch die Erzählperspektive: Statt Haley, der Figur mit der größten inneren Spannung, steht Sophie im Zentrum der Erzählung. Sie bleibt über weite Strecken blass und wirkt eher wie eine Beobachterin als wie eine Hauptfigur, was dem Roman einiges an emotionaler Tiefe nimmt. Der Erzählfokus wirkt dadurch unentschlossen, was besonders im weiteren Verlauf an Klarheit kostet.

Ab der Mitte verliert das Buch spürbar an Tempo. Die Erzählung wird stellenweise langatmig und kann das Niveau der ersten Kapitel nicht halten. Das Ende hinterlässt den Eindruck von Eile, als sei die Geschichte abrupt abgeschlossen worden, ohne dass dafür eine inhaltliche oder strukturelle Begründung geliefert wird. Auch das Nachwort gibt keine Hinweise auf eine mögliche Fortsetzung oder ein bewusst offenes Ende, was das abrupte Finale zusätzlich unbefriedigend macht.

Insgesamt ein Roman mit starkem Anfang und wichtigen Themen, der jedoch erzählerisch nicht durchgehend überzeugt. Drei von fünf Sternen.