Wie man ein erfolgreiches Astro-Business aufbaut

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Katja Kullmann war bisher eher für Sachbücher bekannt, so hat sie in diesem Bereich "Generation Ally" und "Die singuläre Frau" verfasst. Umso neugieriger hat mich gemacht, dass sie nun ihr Romandebüt veröffentlicht hat.

In "Stars" geht es um ein Thema, das mittlerweile in der zeitgenössischen, von sehr gebildeten und sozial privilegierten Frauen im deutschen Sprachraum verfassten Literatur sehr häufig geworden ist: die kinderlose Single-Frau mittleren Alters auf der Suche nach sich selbst.

Um eine solche handelt es sich auch bei der Hauptfigur dieses Romans, aus deren Perspektive, in der ersten Person erzählt, wir auch die Handlung erleben: Carla Mittmann war einmal eine sehr ambitionierte und interessierte Philosophiestudentin und hat es bis kurz vor Studienabschluss geschafft, bis sie dann schließlich aufgrund eines Vorfalls exmatrikuliert wurde und ihr Studium ohne Abschluss beenden musste. Das ist schon einige Jahre her, mittlerweile ist sie keine ganz junge Frau mehr, sondern hat auf jeden Fall schon ihren 40er hinter sich. Dennoch ist sie im Leben irgendwie hängen geblieben: nach ihrer Exmatrikulation hat sie einen langweiligen und von ihr als sinnlos empfundenen 20-Stunden-Bürojob angenommen, in dem sie die Korrespondenz für die Büroausstattung von Gewerbeimmobilien erledigt, und jeweils um die Mittagszeit die Firma verlässt. Die Nachmittage widmet sie ihrer nicht angemeldeten, inoffiziellen Tätigkeit als Astro-Charly, bei der sie über eine eher antiquiert wirkende Website Dienstleistungen im Bereich Astrologie anbietet, diese mit Hilfe eines Astrologieprogramms und mit Textbausteinen erstellt und sich auf diese Weise schwarz und über Paypal noch einmal ein kleines Nebeneinkommen dazu verdient. Ansonsten gibt es, abgesehen von einer losen Affäre, nicht viel Berichtenswertes aus dem Leben der Carla Mittmann, und so vergehen die Jahre, sie wird älter, ohne viel Sinn in ihrem Leben und ohne irgendetwas Spezielles erreicht oder ihre Träume verwirklicht zu haben.

Das sind etwa die ersten 100 von 250 Seiten des Buches, sehr viel passiert da nicht: außer ein Pflasterstein, der durch ihre Fensterscheibe fliegt, 10.000 Dollar in einem Paket in alten Scheinen vor ihrer Wohnungstür und ein Schriftzug "Freiheit für Mittmann".

All dies - die Hintergründe davon sind und bleiben unklar - leitet in gewisser Weise eine Wende in Carlas Leben ein: die Dollar stellen sich als echt heraus, doch sie muss diese gar nicht ausgeben, es reicht ihr, deren Sicherheit im Hinterkopf zu haben, um ihren ungeliebten Teilzeitjob zu kündigen und ihr Astrobusiness neu aufzuziehen. Hier zeigt die bisher eher unambitionierte und wenig ehrgeizige Frau auf einmal, dass sie durchaus ein Gefühl dafür besitzt, wie man ein erfolgreiches Business aufbaut. Das ist auch die Ebene, auf der man nach meiner Einschätzung am meisten aus dem Buch mitnehmen kann: wer ein Online-Business im Beratungsbereich (das muss nicht Astrologie sein) aufbauen möchte, kann sich durchaus einiges aus den sehr detaillierten geschilderten Schritten, wie Carla Mittmann immer mehr zu einer Starastrologin wird, mitnehmen. Das ist interessant und realistisch geschildert.

Im Hintergrund läuft ein bisschen die Frage, ob und wie sehr Carla Mittmann selbst an ihre Analysen glaubt und was es mit ihr macht, in diesem Bereich tätig zu sein... für mich war das aber eher ein Nebenthema, auch wenn es dazu gegen Ende eine interessante Wendung gibt.

Insgesamt ist es ein sehr ruhig zu lesendes Buch, dessen Handlung nur langsam voranschreitet und das eher wenige Spannungsmomente hat. Selbst der mysteriöse Einbruch in Carla Mittmanns Leben mit dem Stein, den Dollars und dem Schriftzug dient nur als Katalysator für eine Wende, die sie ihrer Laufbahn auch so hätte geben können, wenn sie gewollt hätte.

Inhaltlich und menschlich schätze ich an dem Buch, dass die Astrologie zwar durchaus kritisch betrachtet wurde, aber man auch merkt, dass sich die Autorin ernsthaft damit auseinandergesetzt hat, wie die in diesem Bereich Tätigen arbeiten und diesen Bereich nicht nur oberflächlich heruntermacht, sondern bei aller kritischen Betrachtungsweise durchaus respektvoll damit umgeht. Und dass das Buch einige spannende Fragen dazu aufwirft, wer wir sind und ob und wodurch unser Schicksal bestimmt wird - und was es mit uns macht, wenn wir das glauben. Auch ist es stellenweise recht unterhaltsam und humorvoll geschrieben. So ist es insgesamt ein Buch, von dem ich durchaus auf einigen Ebenen einige interessante Gedanken und Ideen mitnehmen konnte.