Schwedische Stille und versteckte Abgründe – aber mit Längen

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besueandamy Avatar

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In Still ist die Nacht führt Sandra Åslund ihre Leser*innen in die schwedische Schärenlandschaft, wo idyllische Ruhe schnell von dunklen Geheimnissen und tödlichen Entscheidungen überschattet wird. Die Hauptfigur Charatha kehrt nach Jahren in ihre Heimat zurück, um sich mit ihrer Vergangenheit zu konfrontieren – doch statt Frieden findet sie sich in einer Spirale der Rache und des Unverzeihlichen wieder.

Der Krimi startet atmosphärisch stark, mit meditativen Momenten und naturverbundenen Beschreibungen, die die Ruhe der schwedischen Landschaft fast greifbar machen. Doch genau diese Ruhe kann auch zum Problem werden: Der Roman verliert sich oft in zu langen, fast esoterisch anmutenden Szenen, in denen die Naturbeschreibungen und innere Reflexionen der Protagonistin mehr Platz einnehmen als die eigentliche Spannung. Gerade das Yogaretreat, das im weiteren Verlauf auftaucht, wirkt fast wie ein klischeehaftes Element, das der Handlung wenig Mehrwert bringt. Die Retreat-Szenerie ist zwar schön beschrieben, aber oft erweckt sie den Eindruck, dass sie eher als Füllmaterial dient, anstatt die Handlung wirklich voranzutreiben.

Auch die Charaktere bleiben, trotz der tiefen inneren Konflikte, erstaunlich distanziert. Charatha als Hauptfigur ist schwer greifbar, und ihre spirituelle Reise wird oft zu langatmig geschildert, sodass man als Leser*in das Gefühl bekommt, eher an einem Selbstfindungsseminar teilzunehmen als einem fesselnden Kriminalfall zu folgen. Der versprochene Nervenkitzel bleibt lange aus – und wenn er dann kommt, wirkt er fast zu abrupt und wenig organisch eingebettet.

Fazit: Wer auf der Suche nach einem spannungsgeladenen Krimi ist, wird hier möglicherweise enttäuscht. Still ist die Nacht bietet zwar beeindruckende Naturbeschreibungen und meditative Ruhe, doch der Krimi selbst verliert sich zu oft in spirituellen Nebenschauplätzen und esoterischen Rückzugsorten, die die Handlung strecken, anstatt sie voranzutreiben.