Fundament für eine gute Reihe ist gelegt

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Liest man den Werbespruch „Willkommen bei Schwedens Dezernat für die wirklich hoffnungslosen Fälle!“ überlegt man schon, ob man sich nicht enerviert abwenden will, aber dann sieht man, wer „Stille Falle“ geschrieben hat und grübelt, ob es nicht doch lohnen könnte – und sieht man dann noch, dass es ein Hörbuch gibt, steht der Entschluss „Das geht gut ‚nebenbei‘“ flott.

Anders de la Mottes Heldin dieser neuen Reihe ist Leonore Asker, die angesichts ihrer Ermittlungsleitung eigentlich eher eine Beförderung als eine Versetzung ins Dezernat für als hoffnungslos geltende Fälle verdient hätte. Das scheint das Abstellgleis zu sein, doch sie arrangiert sich nicht nur, sondern macht das Beste draus: Mit ihrer Truppe aus Nerds und rebellischen Eigenbrötlern rollt sie einen Fall auf, der erstaunliche Parallelen zu dem Fall aufweist, von dem sie gerade abgezogen wurde und sie ins Milieu der Lost Places und Urban Explorer führt. Und weil Leo abgesehen von ihrem Team relativ allein auf weiter Flur dasteht, zieht sie einen befreundeten Experten zu Lost Places zu Rate …

Nachdem Tanja Geke mir das Hörbuch nun fertig vorgelesen hat, bin ich baff. Warum? De la Motte scheint mit „Stille Falle“ ein ganz neues Genre aufzumachen, das natürlich an Adler Olsens Sonderdezernat Q (bzw. eine humoriger aber ähnlich angelegte französische Reihe) erinnert, es ist mitnichten Cosy Crime (trotz schräger Elemente), aber auch nicht der typische skandinavische Ansatz mit viel Blut. Düster ist es und skurril, begonnen mit den Figuren: Leonore, Tochter einer herausragenden Anwältin und eines Preppers; Leonores Vorgänger, der bereits den richtigen Riecher gehabt zu haben scheint bzgl. des Falls; Leos Kollegen sind kratzbürstig-widerborstig – man ist sich zwar nicht spinnefeind, aber „Teamspirit“ sieht anders aus; Leos Freund Martin, der sich als Urban Explorer für Lost Places interessiert, die denn auch den düsteren Part reinbringen, weil sie auf damit (nicht) Vertraute genau diese Wirkung haben können. Das Düster-Rätselhafte kommt andererseits von der Anlage des Täters (mehr kann man nicht verraten, ohne zu spoilern). Sprachlich ist das manchmal etwas einfach gehalten, was beim Hörbuch aber kaum auffällt. Zahlreiche Wendungen und Perspektivwechsel (gerade Letztere ja quasi ein Spannungsgarant), Rückblenden in Leos Kindheit und die gesamte Anlage, wie der Autor das alles zusammenführt, machen die Geschichte spannend. Das Fundament für eine gute Reihe ist mit diesem Band definitiv gelegt. Gut gepasst hat für mich das Hörbuch, denn Tanja Gekes recht tiefe Stimme und modulierter, aber nicht übertriebener Vortragsstil passt super (vor allem zu Leo).