Die heilende Kraft der Musik

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monika85 Avatar

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Im Mittelpunkt von "Strandgut", dem neuen Roman des britischen Autors Benjamin Myers, steht Earlon Bronco, genannt Bucky. Er ist über siebzig und lebt seit dem Tod seiner Frau Maybellene vor fast einem Jahr allein und zurückgezogen in Chicago. Sein Leben lang hatte er zahlreiche Gelegenheitsjobs, aber keine Krankenversicherung, er konnte sie sich nicht leisten. Nun, im Alter, wird er von unerträglichen Arthroseschmerzen geplagt. Starke Schmerzmittel verschaffen ihm für ein paar Stunden Erleichterung und haben zur Abhängigkeit geführt.

Mit 17 Jahren schrieb Bucky einige Songs und erhielt für die Plattenaufnahmen ein kleines Honorar. Weitere Einnahmen hatte er mit den Liedern nicht, er hat sie nie wieder gesungen und ist auch nie mit ihnen aufgetreten.
Zu seiner Überraschung erhält er eine Einladung, seine alten Lieder, die in den USA längst vergessen sind, auf einem Soul-Festival in der englischen Küstenstadt Scarborough zu singen. Am Flughafen Yorkshire wird er von der Mittfünfzigerin Dinah Lake abgeholt, die ihn kontaktiert hatte und seit langem ein großer Fan von ihm ist ....

Die Geschichte ist in ganz wunderbarer, teilweise poetischer Sprache erzählt und hat mich von Beginn an gefesselt. Mit viel Empathie und Liebe beschreibt der Autor seine beiden Protagonisten und blättert dabei nach und nach insbesondere Buckys Vergangenheit auf, die von Leid und Verlust geprägt ist.
Während Buckys Welt nach dem Tod seiner Frau klein geworden ist und er in erster Linie zwischen seinem Zuhause und der Apotheke pendelt, um sich seine Opiate zu besorgen, lebt die Supermarktkassiererin Dinah ein trostloses und unglückliches Leben an der Seite ihres alkoholkranken Mannes Russell, der keiner geregelten Arbeit nachgeht. Dem gemeinsamen Sohn Lee fehlt jeglicher Ehrgeiz, er nimmt Drogen und verbringt seine Zeit mit Computerspielen.

Buckys und Dinahs Schicksale haben mich sehr berührt, ich konnte mich gut in ihre unterschiedlichen Lebenswelten hineinversetzen und habe die beiden schnell in mein Herz geschlossen. Ganz besonders mochte ich die herzliche und bisweilen auch schroffe Dinah, die sich um Bucky kümmert, auf seine Sorgen eingeht und ihm neues Selbstvertrauen gibt. Ich mochte auch Shabana, die Reinigungskraft aus Afghanistan, die Bucky im Hotel kennenlernt, und natürlich habe ich seit Buckys Flug über den Großen Teich seinem Auftritt ungeduldig entgegengefiebert.

"Strandgut" hat mir sehr gut gefallen, es ist ein leises und bewegendes Buch, in dem es um Trauer und Verlust, das Altwerden, Drogen- und Alkoholsucht geht. Es ist aber auch ein Buch über Freundschaft und Hoffnung, Neubeginn - und die heilende Kraft der Musik.

Absolute Leseempfehlung!