Leise und schön

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chocalaccino Avatar

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Manche Bücher berühren einen leise, fast wie eine Meeresbrise, die über die Haut streicht, ohne großes Aufsehen, aber mit bleibendem Eindruck. „Strandgut“ ist so ein Buch. Benjamin Myers erzählt hier keine große, dramatische Geschichte, sondern eine stille, zutiefst menschliche, und gerade darin liegt ihre Kraft.

Earlon „Bucky“ Bronco, ein vergessener Soulsänger, steht mit siebzig Jahren an einem Punkt im Leben, an dem er kaum noch etwas erwartet. Die Einladung zu einem Soul-Festival in England wirkt wie ein letzter Gruß aus einem Leben, das längst vorbei scheint, und doch ist es der Beginn von etwas Neuem. Die Begegnung mit Dinah, die ebenso gestrandet scheint wie er, entwickelt sich zu einer leisen, berührenden Verbindung zweier Menschen, die ihre Wunden nicht verstecken, sondern gerade darin eine tiefe Nähe finden.

Myers’ Sprache ist zärtlich und zugleich klar. Er schreibt mit einer fast musikalischen Sensibilität – kein Satz ist zu viel, kein Bild zu laut. Besonders beeindruckt hat mich, wie unaufgeregt, ja fast beiläufig er von Themen wie Altern, Trauer, Vergänglichkeit und Hoffnung erzählt. Dabei gelingt es ihm, Melancholie und Lebensfreude nebeneinander stehen zu lassen, wie Ebbe und Flut.

„Strandgut“ ist ein Roman über Neuanfänge im Spätsommer des Lebens, über Musik als Erinnerung und Heilung, und über das Meer, das für beide Protagonisten zur Metapher für alles Ungesagte wird.

Ein Buch, das ich mit einem Lächeln und einem leichten Seufzen aus der Hand gelegt habe.