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elohym78 Avatar

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Emmy wächst auf einer kleinen Insel auf, mitten in den Wirren des 1. Weltkriegs. Leid, Hunger und Elend kennt das junge Mädchen zur Genüge, aber auch die Kraft der Liebe. Nach dem Tod der Eltern wird Emmy von ihren Geschwistern getrennt und landet in Berlin. Sie arbeitet als Hausmädchen und verliebt sich in den schnieken und reichen Hauke. Die beiden stehen zu ihrer Liebe, auch wenn es schwer fällt. Dann bricht der 2. Weltkrieg aus und Emmy muss erneut um sich und das Leben ihrer Lieben kämpfen. 1995 blickt Emmy zurück auf eine Leben voller Höhen und Tiefen.

Das Cover zeigt ein Segelschiff auf Sturm gepeitschter See. Eine Möwe kreist am Himmel. Ich finde das Bild wunderbar zum Inhalt des Buches gewählt, auch wenn der Bezug zum Meer gering ist. Das Schiff und die Wellen scheinen eher für ein stürmisches Leben zu stehen, dass einen durch alle Höhen und Tiefen treiben kann. Mal steht man mitten drin, mal beobachtet man es eher von außen. Aber egal wie: Hauptsache Leben!

Manuela Golz hat einfach einen wunderbaren und mitreißenden Schreibstil! Sie nahm mich mit in Emmys Leben und zeigte mir eine Frau, die das Leben geprägt hat. Höhen, Tiefen und alles was dazwischen ist, hat Emmy genießen dürfen, denn selbst die schlimmste Stunde hat doch etwas Gutes. Diese positive Einstellung zum Leben brachte die Autorin mir nah und dafür bewundere ich sie sehr! Denn es wirkt nicht kitschig, überheblich oder gar lebensfremd, sonder ganz im Gegenteil! Emmys ist authentisch bis in die Haarspitzen! Meine Oma hat mir oft von ihrem Leben berichtet und die damalige Not, aber auch die kleinen Freuden - zumindest in meinen Augen sind sie klein - wurden damals wie riesige Ereignisse gefeiert. Wer von uns freut sich heute schon unbeschwert über einen Kuchen oder über einen einfachen Weihnachtsbaum ohne den geringsten Schmuck? Manuela Golz schafft es mit ihrem Buch, die kleinen Dinge ins rechte Licht zu rücken und kaum merklich die Perspektive von Konsum zu Menschlichkeit zu schieben. Zärtlich zwar und absolut vorsichtig, aber mich brachte sie zumindest ans Nachdenken.
Sturmvögel ist ein herzliches Buch, das mir unter die Haut ging. Eine Familiengeschichte, die zwar von Familie erzählt, aber eigentlich eine Geschichte von einer jungen Frau ist, die sich mit offenem Herzen ins Leben stürzt und es mit Leidenschaft genießt. Ein Leben voller Leiden, aber auch voller Liebe, Genuss und Lachen. Manch einer würde vielleicht sagen, dass Emmy es schwer hatte, aber sie selber sieht das nicht. Sie sieht die Herausforderung und das unbeschreibliche Glück, dass hinter jeder Ecke plötzlich lauern kann.
Spannend fand ich auch Emmys drei Kinder und wie unterschiedlich sie ihr Leben bestreiten. Hilde als Erstgeborene, aber nur ein Mädchen. Otto als Zweitgeborener, der in den Augen seines Vater verweichlichte. Und schließlich Tessa, das Nesthäkchen. Schon in jungen Jahren scheint der Grundstock zu ihrer Entwicklung gelegt worden zu sein und prägt sich im Alter immer mehr aus. Spannend zu beobachten!

Viele Fragen sind für mich am Ende des Buches offen geblieben. Anfangs störte mich das, jetzt denke ich hingegen, dass Manuela Golz genau dies so geplant und gewollt hat! Man muss einfach nicht alle Fragen im Leben klären; einiges kann und darf ungesagt bleiben, denn so ist es bei jedem einzelnen von uns auch. Verpasste Gelegenheiten. Oder auch gezielt.

Mein Fazit
Sturmvögel ist ein Buch über das Leben, die Liebe und all seine Höhen und Tiefen. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Wunderschön!