Tief berührend ohne schnulzig sein- die Lebensgeschichte einer hochinteressanten Frau

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straubsi Avatar

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"Sturmvögel" von Manuela Golz ist ein sehr berührendes Buch, obwohl es keinen emotionalen Schreibstil besitzt. In sehr klarer und schnörkelloser Sprache wird das Leben der 87-jährigen Emmy beschrieben, die auf einer Nordseeinsel aufwächst, diese jung verlassen muss, 2 Weltkriege und unter anderm eine äußerst schwierige und brutale Schwiegermutter überstehen muss und die sich trotz aller schlimmer Erlebnisse ihren Lebensmut und ihre Zuversicht nicht nehmen lässt. Da sie weiß, dass ihre Zeit zu Ende geht, organisiert sie zielstrebig ihr Vermächtis, während zumindest 2 ihrer erwachsenen Kinder glauben, dass sie aufgrund ihrer fehlenden Schulbildung und ihres Alters keine Ahnung hat, welcher Schatz in ihrem Keller ruht. Weit gefehlt!
Das Buch lebt davon, dass die Vergangenheit der Protagonistin durch viele sehr gut strukturierte Rückblenden langsam aufgedeckt wird und sich so auch ihr Verhalten in der Gegenwart erklärt. Als Leser ahnt man zwar vom ersten Kapitel an, dass die Hauptfigur ein großes Geheimnis besitzt, aber der Autorin gelingt es, dieses erst im letzten Kapitel aufzulösen. Es fällt also schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Einerseits, weil ihre Lebensgeschichte und die ihrer Eltern, Schwiegereltern und Kinder so anschaulich beschrieben wird, dass man diese quasi mit erlebt, andererseits, weil man bei jedem Kapitel hofft, dass endlich Emmys Geheimnis enthüllt wird. Die Autorin schreibt im Interview am Ende des Buches "Große Helden sind oft sehr leise". Treffender hätte man es nicht sagen können. Wer die Lebensgeschichte einer starken, couragierten und auch etwas bockigen Frau lesen will, die in alle Lebenslagen sich selbst treu geblieben ist, der kann hier nichts falsch machen.