Von traurig bis heiter, von Altbekanntem zu innovativ

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Kurz: Ein tolles Setting und ein schöner Schreibstil. Aber die Charaktere überzeugen nicht. Und die Handlung wirkt unentschlossen.

Handlung: Es ist, als hätte Arranmore schon immer auf die Ankunft von Fionn gewartet. Als der Elfjährige zusammen mit seiner Schwester Tara zum ersten Mal die irische Insel betritt, um den Sommer bei seinem Großvater Malachy zu verbringen, erwacht etwas in den Tiefen des Eilandes zum Leben. Ein Versprechen von Magie und Abenteuer liegt in der Luft, aber auch etwas Unheilvolles, Böses.

Meinung: Ich bin unsicher, wie mir die Geschichte gefällt. Geschrieben ist sie klasse. Catherine Doyle formuliert flott und kindgerecht, gleichzeitig beeindruckend bildgewaltig. Sie zaubert den Geschmack von Salzwasser auf die Zunge und beschwört das Tosen von Stürmen und Meereswellen herauf. Ein wirklich toller, plastischer Stil!

Die Handlung selbst hingegen ist noch etwas mager, wie ich finde. Die jungen Protagonisten sind abwechselnd auf der Suche nach einer gewissen Wunschhöhle oder damit beschäftigt, sich zu streiten, während die eigentlichen Hintergründe und interessanten Mythen der Insel nur zögerlich einfließen.

Vielleicht fehlt Fionn auch einfach ein Freund, mit dem er sich austauschen kann. Er wirkt verloren inmitten der vielen Geheimnisse, über die lange niemand konkret mit ihm sprechen will. Seine Mutter hat Depressionen, sein Vater gilt als tot, seine Schwester ist pubertätsbedingt fies und die einzigen Gleichaltrigen sind ein Aufschneider und ein pfiffiges Mädchen, das leider nur ein paar kurze Auftritte hat. Fionns Großvater mag ein liebenswerter Kerl sein, ist aber eben der Großvater – der zudem an beginnender Demenz leidet. Ein Freund hätte nicht nur Fionn gut getan, sondern auch der stellenweise schwermütigen Geschichte mehr Leichtigkeit verliehen.

So originell das Setting einer wilden, irischen Insel ist, so wenig sind es verschiedene Zutaten dieses Fantasyabenteuers für Kinder, das mich ein ums andere Mal doch stark an Harry Potter denken ließ. Das fängt bei der Grundidee an (ein Auserwählter + eine böse Magierin, die darauf wartet, ins Leben zurückzukehren) und reicht bis zu kleinen Déjà-vus. Der Name Bartley Beasley hat mich zur Verzweiflung gebracht: Mein Gehirn las automatisch immer Ronald Weasley.

Zudem hinkt die Ausdrucksweise der Kinder: Sie klingen oft nicht wie 11-/bzw. 13-jährige, sondern wie kleine Erwachsene. Und so muss ich – last but not least – auch die Charakterzeichnung bemängeln. Catherine Doyle gelingt es nicht durchgehend, ihrem Buchpersonal authentische Stimmen zu verleihen.

„Sein Großvater seufzte: Wenigstens einer von uns hat die letzte Nacht unbeschadet überstanden. [Fionn:] „Emotional bin ich schon gezeichnet, falls es dich tröstet.“ (S. 228)

Tatsächlich – auch, wenn es nicht wenig Kritik war – habe ich Fionns Geschichte insgesamt doch gerne gelesen und mochte neben dem bildhaften Schreibstil vor allem den gelegentlichen Humor. Vielleicht entfernt sich Catherine Doyle in den nächsten Bänden einfach noch mutiger von Harry Potter. Das wäre schön. Und Fionn wünscht man sich wirklich von Herzen weniger Streit und einen guten Freund. Ob er ihn finden wird? Ich werde es in der Fortsetzung erfahren.