Der zweite Fall für Laienrichterin Ruth Holländer

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kimvi Avatar

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Mittlerweile hat sich Ruth Holländer gut in ihr Schöffenamt eingearbeitet. Nach dem ersten spektakuären Fall im letzten Jahr ist es mit langweiligen Betrugsfällen dann in ihrem Ehrenamt aber eher ruhig zugegangen. Im neuen Jahr wird Ruth einem Fall zugelost, bei dem sich das Interesse der Presse eher in Grenzen hält. Der Rentner Jürgen Dombroschke ist angeklagt, seine unheilbar erkrankte Frau vergiftet zu haben. Auf den ersten Blick ein klarer Fall, denn die Indizien sprechen dafür, dass Dombroschke seine Frau erlöst hat. Doch zum Ärger ihres Freundes, Staatsanwalt Hannes Eisenrauch, erwacht mal wieder die Miss Marple in Ruth.....

Nach "Unschuldslamm" ist "Sündenbock" der zweite Fall, bei dem man die Schöffin Ruth Holländer bei der Ausübung ihres Ehrenamtes als Laienrichterin beobachten kann. Da die Fälle in sich abgeschlossen sind, kann man sie unabhängig voneinander lesen. Allerdings nimmt in dieser Bücherserie auch das Privatleben der Schöffin ziemlich viel Raum ein. Durch kurze Rückblicke gelingt einem sicher auch ohne Vorkenntnisse der Einstieg in die Reihe. Doch um die Weiterentwicklung der Charaktere besser genießen zu können, empfiehlt sich, wie bei jeder anderen Serie auch, die Einhaltung der Reihenfolge.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und angenehm lesbar. Es gelingt Judith Arendt hervorragend, die Szenen so zu beschreiben, dass man sie beim Lesen vor Augen hat. Dadurch kann man sich ganz auf Ruth und den neuen Fall am Amtsgericht einlassen. Auch in diesem Teil der Reihe ist es wieder so, dass die Dinge nicht so sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Doch Ruth wäre nicht Ruth, wenn sie nicht nachbohren und den Dingen auf den Grund gehen würde. Allerdings hat die sympathische Schöffin und Bistrobesitzerin in diesem Band einige privaten Klippen zu umschiffen. Diese Nebenhandlungen sind interessant und lassen Ruth noch lebendiger und authentischer wirken. Dennoch nehmen sie schon fast ein wenig zu viel Raum an, sodass der Krimianteil, den man sich ja durch die Inhaltszusammenfassung erhofft, etwas in den Hintergrund gedrängt wird. Das ändert sich zum Ende hin dann allerdings abrupt. Hier überschlagen sich die Ereignisse förmlich, sodass sich auch die bis dahin etwas vermisste Spannung einstellt.

Insgesamt gesehen habe ich mich beim Lesen sehr gut unterhalten. Da ich ein großer Fan der Schöffin bin und ihr Privatleben interessiert verfolge, hat mich auch der relativ große Anteil der Nebenhandlungen nicht besonders gestört. Der Fall selbst konnte mich durch überraschende Wendungen überzeugen, sodass ich mich schon jetzt darauf freue, Ruth bei weiteren Einsätzen am Amtsgericht zu beobachten und einen Blick in ihr Privatleben zu werfen. Ich vergebe deshalb begeisterte vier Bewertungssternchen und eine klare Leseemfehlung. Das eine Sternchen ziehe ich ab, da ich mir für den Kriminalanteil ein wenig mehr Raum gewünscht hätte.