Kurzweiliger Krimi mit sympathischer Heldin

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caillean79 Avatar

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Mit Ruth Holländer hat Judith Arendt eine rundum sympathische Hauptfigur geschaffen. Ruth ist pragmatisch veranlagt, steht mitten im Leben und lässt sich – zumindest meistens – von ihrer 17jährigen Tochter und ihrem 20jährigen Sohn nicht auf der Nase herumtanzen. Dass sie geschieden ist und ihr Leben weitestgehend allein meistern muss, wird vielen Leserinnen aus dem Herzen sprechen.

In diesem zweiten Roman der Reihe um Ruth bekommt es die unfreiwillige Schöffin am Landgericht Berlin mit einem Mordfall zu tun, der zunächst sonnenklar erscheint. Die schwer an Parkinson erkrankte Margit Dombroschke wird mit Rattengift ermordet – in der Wohnung, die sie nicht mehr verlassen kann. Wer sonst außer dem überforderten Ehemann sollte es gewesen sein, zumal er sich auch noch selbst belastet, indem er gegenüber der Polizei angibt, nur seine Frau und er hätten Zugang zu dem Gift gehabt.

Doch Ruth kann sich den trauernden alten Mann nicht als Täter vorstellen und beginnt, den wenigen Spuren nachzugehen, die in eine andere Richtung führen könnten…

Es ist keine klassischer Krimihandlung, die dieser Roman erzählt, denn er setzt beim Prozessbeginn gegen den Ehemann an und „zäumt das Pferd von hinten auf“. Indem der Leser den Prozess verfolgt, bildet er sich ein Urteil und durch die eingestreuten Rückblenden wird gleichzeitig immer deutlicher, dass in diesem Fall etwas faul ist. Die Rückblenden sind es, die den Roman plastisch machen und für Abwechslung sorgen auch einige Stilmittel, so z. B. Zeitungsmeldungen über den Leichenfund oder den Prozessbeginn, aber auch Auszüge aus den Polizeiakten.

Letztendlich muss ich sagen, der Kriminalfall ist nicht spektakulär, wenn auch anders als man zunächst annimmt. Aber bei diesem Roman ist eher der Weg das Ziel und es macht dennoch Freude, Ruth auf ihrem Weg zur Wahrheit zu begleiten und gleichzeitig auch ihre privaten Sorgen und Nöte zu verfolgen (auch wenn in dieser Beziehung ganz schön dick aufgetragen wurde – nicht nur, dass ihr neuer Freund eine psychopathische Fast-Ex-Frau hat, nein, sie muss sich auch noch mit dem neuen, recht selbstbewussten Freund der Tochter herumschlagen, der ihr suspekt ist, weil er aus einem anderen Kulturkreis kommt). Insgesamt ist (mir) das Buch aber durchaus 4 Sterne wert!