Laienrichterin, die Zweite

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Das Buch beginnt mit der Schilderung von Margits Dombroschkes Leid: Sie ist wegen Parkinson pflegebedürftig an ihr Bett gefesselt. Dort liegt sie und ist auf ihren Mann, Jürgen bzw. seine Pfelge angewiesen. Doch ihre Hölle auf Erden wird erst dadurch „perfekt“, dass sie sich ständig mit dem Gedanken plagt, dass Jürgen sie verlassen könnte und sie somit einem qualvollen Tod überlassen wäre. Man kann sich fragen, ob ihr Tod eine Erlösung für sie war, doch war es wirklich Jürgen, der nach ihrem Tod noch Wochen mit der verwesenden Margit in ihrer Wohnung lebte? Hat er sie vergiftet und besaß dann die Coolness, abzuwarten, bis die Polizei wegen des Gestanks alarmiert wurde?

Ruth Holländer, Bistroinhaberin und in diesem Fall zur Schöffin berufen, hegt da so ihre Zweifel. Denn ihrer Empfindung nach kleidet sich der klein gewachsene Rentner zwar wie ein Lude, ist jedoch nicht mit allzu großem oder besser keinem Selbstbewusstsein gesegnet. Liegt Ruth mit ihrer Einschätzung richtig, dass er eher Opfer als Täter ist? Alles scheint doch so klar: nur Jürgen hatte Zugang zu dem Gift in der Laube, mit dem Margit getötet wurde – sie wusste es zwar, kam wegen ihrer Erkrankung aber nicht mehr dort hin … Doch bis Ruth der Geschichte auf die Spur kommt, muss sie erst noch ein wenig Ordnung in ihr eigenes Leben bringen: Da ist zum einen ihre Beziehung zu Hannes Eisenrauch, dem noch verheirateten Staatsanwalt am gleichen Gericht wie sie. Da sind ihre Tochter und ihr Sohn, die sie ordentlich auf Trab halten – und natürlich ihr Bistro, reichlich Chaospotential also.

In zahlreichen Rückblenden aus Margits und Jürgens Perspektive in ihr Leben erfährt man, dass die beiden zwar schon lange das perfekte Paar zu sein schienen, die einander liebten, auf Tanzturnieren brillierten, aber auch, wie brüchig diese Fassade gewesen sein könnte. Gerade nach solchen Rückblenden fragt man sich als Leser, ob der Titel einen Hinweis auf den Ausgang der Geschichte geben könnte.

Als Ruth zufällig in die Laubenpieperkolonie, in der die Hütte der Dombroschkes steht, gerät, macht sie eine Entdeckung: ihre Neugier ist geweckt und sie nicht mehr zu bremsen …

Ohne zu viel zu verraten, hat das Buch ein einigermaßen überraschendes Ende. Es liest sich gut weg, wenngleich es nicht gerade ein Thriller ist. Doch wer sich auch ein bisschen Berliner Flair und das Leben einer kessen Laienrichterin einlassen möchte, ist hier gut bedient. Wegen des an sich traurigen Themas könnte es bei manchem sogar länger in Erinnerung bleiben.