Es gibt eben nicht nur schwarz und weiß.

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ismaela Avatar

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Die knapp 10-jährige Robin Conrad verliert ihre Eltern während des Schüleraufstandes in Soweto und kommt zur Schwester ihrer Mutter, ihrer Tante Edith. Diese, an ihr freies und abwechslungsreiches Leben als Stewardess gewöhnt, kommt mit der plötzlichen Verantwortung, aber auch mit ihrer Trauer um die verlorene Schwester, nicht klar und sucht nach einer Lösung. Zur gleichen Zeit verlässt Beauty ihr Dorf in der Transkei, um ihre Tochter Nomsa zu suchen und nach Hause zu holen. Diese war aktiv im Schüleraufstand involviert und ist nun verschwunden. Um sich legal in Johannesburg und Umgebung aufhalten zu dürfen, arbeitet die schwarze Beauty durch die Vermittlung einer weißen Verbündeten in Ediths Wohnung als Pflegemutter von Robin. Nach anfänglichem Misstrauen seitens Robin, fasst diese Vertrauen und liebt Beauty bald so sehr, dass sie sich, als sich eine Spur von Nomsa auftut, zu einer verhängnisvollen Entscheidung hinreißen lässt.

Normalerweise gehe ich nicht weiter darauf ein, denn ein Buch lebt vor allem von seinem Inhalt. Aber in diesem Fall hat mich schon allein das Buch an sich begeistert. Das bedruckte Lesebändchen („Lesepause“), sowie die herrliche Covergestaltung ist für mich einmal mehr Grund genug, auch in Zukunft auf E-Books zu verzichten.
Die Autorin weiß wovon sie schreibt, denn auch sie wurde als gebürtige (weiße) Südafrikanerin von einer schwarzen „Maid“ mehr oder weniger aufgezogen. Dieser Maid, Eunice, ist diese Geschichte gewidmet.
Die Autorin lässt beide Protagonistinnen in der Ich-Form erzählen, so lässt sie den Leser sehr intensiv an deren Leben teilhaben. Sehr interessant fand ich die leicht unterschiedlichen Schreibstile: während Robin rührend humorvoll, aber auch traurig aus ihrem (Kinder-)Leben in der Vergangenheit berichtet, erzählt die erwachsene Beauty im Präsens von ihrer Suche nach ihrer Tochter und ihrem von Repressionen und Demütigungen geprägten Leben als schwarze Frau. Diesen Spagat schafft die Autorin fast mühelos, vor allem Robin wird als die beschrieben, die sie ist: ein Produkt einer apartheidnahen Erziehung, bei der die schwarze Hausangestellte zwar die Arbeit macht und von Robin geliebt wird. Die aber ganz selbstverständlich (wenn nicht in ihrer Kammer) auf dem Boden schläft, nicht dasselbe Geschirr benutzen darf, oder ein Recht auf Feierabend oder Freizeit hat. Deshalb verlässt sie nach dem Mord an den Conrads denn auch Robin, „ohne sich noch einmal umzudrehen“, was Robin zutiefst verstört und demzufolge auch die Annäherung an Beauty so schwierig macht.
Dieses Buch kann man mehr oder weniger in einem Rutsch durchlesen, so abwechslungsreich und intensiv schreibt die Autorin. Trotzdem gibt es zwei Kritikpunkte, die dieses Buch für mich dennoch nicht perfekt machen. Zum einen wird auf die Entwicklung von Robin viel mehr Gewicht gelegt, was die Figur der Beauty fast ein bisschen blass wirken lässt. Zum anderen bekommt das Ganze vor allem am Schluss eine etwas überzogene Dramatik, die fast ins Unglaubwürdige kippt (die Tanzszene von Robin und einem schwarzen Jungen in einer üblen Kneipe für Schwarze). Das hätte dieses Buch gar nicht nötig gehabt. Es ist auch ohne diese dramatischen Einlagen ergreifend genug.