Außergewöhnlicher Coming-of-Age Roman

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readaholic Avatar

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Im Leben des 16-jährigen Charlie Lewis läuft im Moment nichts rund. Es ist Sommer, die Schule ist zu Ende und er hat die Abschlussprüfungen verhauen, so dass an College nicht zu denken ist. Seine Eltern haben sich vor kurzem getrennt. Die Mutter lebt mit ihrem neuen Lebensgefährten und dessen Töchtern zusammen, Charlies jüngere Schwester hat sie mitgenommen. Ihn hat sie nicht „in ihr Team gewählt“, wie er es ausdrückt. Stattdessen wohnt er mit dem seit der Pleite seiner Ladenkette depressiven Vater zusammen, was für Charlie sehr belastend ist. Er muss sich um alles kümmern, Essen, ein Minimum an Ordnung, die Rollen sind verkehrt. Kein Wunder, dass er so wenig Zeit wie möglich in seinem tristen Zuhause verbringen will. So fährt Charlie stundenlang mit dem Fahrrad durch die Gegend und entdeckt aus lauter Langeweile das Lesen für sich.
Bei einem dieser Ausflüge lernt er durch Zufall die gleichaltrige Fran kennen, die als Mitglied einer Laien-Theatergruppe in diesem Sommer Shakespeares „Romeo und Julia“ probt. Charlie hat zwar weder Interesse an Theater noch an Shakespeare, umso mehr gefällt ihm Fran und die einzige Möglichkeit ihr nahe zu sein, ist, selbst in dem Stück mitzuspielen. Wie sich herausstellt, eine sehr positive Entscheidung, denn plötzlich haben seine Tage Struktur und er bekommt neue soziale Kontakte. Sein Selbstbewusstsein wächst. Er geht auf wilde Partys, bewegt sich außerhalb seines bisherigen sozialen Umfelds und erlebt die erste Liebe. Auch Dummheiten und Fehlentscheidungen gehören zu diesem verrückten Sommer, auf den Charlie in diesem Buch, mittlerweile erwachsen und kurz davor zu heiraten, zurückblickt.
„Sweet Sorrow“ ist ein außergewöhnlicher Coming-of-Age Roman, der jedoch rein gar nichts mit seichten 08/15 Liebesromanen zu tun hat. Leser(innen), die solche Romane mögen, sollten also besser die Finger von dieser Geschichte lassen. Insofern finde ich den deutschen Untertitel – Weil die Liebe unvergesslich ist – auch etwas unglücklich gewählt, denn meiner Meinung nach wird damit die falsche Zielgruppe angesprochen.
Ich hatte davor noch nie etwas von Nicholls gelesen und wusste somit nicht, was mich erwartet. Mich hat Nicholls Schreibstil total begeistert. „Sweet Sorrow“ ist witzig, ironisch, tiefgründig und teilweise rührend und spannend, viel mehr als ein reiner Liebesroman. Für mich das erste Lesehighlight dieses Jahres!