Das Mädchen, das den Sommer veränderte

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miro76 Avatar

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„Das hier ist eine Liebesgeschichte, und nun, da sie zu Ende geht, wird mir klar, dass es im Grunde nicht nur eine ist, sondern vier oder fünf: die familiäre Liebe, elterliche Liebe, die beständige, inspirierende Liebe unter Freunden und die kurze, blendend helle Explosion der ersten großen Liebe, die man erst direkt anschauen kann, wenn sie verglüht ist."

(S. 507)

Charlie ist 16 und hat den wahrscheinlich längsten und langweiligsten Sommer vor sich, den man sich vorstellen kann. Die Eltern haben sich zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt getrennt und Charlie muss bei seinem depressiven Vater bleiben. Die Mutter beginnt mit seiner Schwester ein neues Leben mit einem bürgerlichen Vater von Zwillingen. Da ist kein Platz für einen Teenager.

Charlie verkackt seine Abschussprüfungen und treibt ziellos durch die Straßen. Bis er auf Fran trifft, die ihn sofort bezaubert. Durch sie tritt er der Theatergruppe 'fünf Faden tief' bei und wird Benvolio in Romeo und Julia.

Das Theaterspielen eröffnet ihm neue Freundschaften, neue Perspektiven und eine erste Liebe. Fran schafft es, seinen schrecklichen Sommer rückblickend in die schönste Zeit seiner Jugend zu verwandeln. Auch wenn die Beziehung nicht von Dauer ist, wird sie ihn doch dauerhaft verändern. Für sie möchte er ein besserer Mensch werden und diese Bemühungen erstrecken sich dann auch auf die Beziehung zu seinem Vater.

Frei nach dem Motto „es ist nie zu spät für eine schöne Kindheit“ schafft es Charlie als Erwachsener ohne Bitterkeit auf seine Kindheit und Jugend zurückzublicken. Obwohl er eine Kindheit hatte, die man niemandem wünscht. Dem Autor ist es gut gelungen, sich in sein jugendliches Ich zurückzuversetzen. Die Sprache ist passend, wie auch die Geschichte. Charlie handelt oft unreflektiert, impulsiv und schätzt Situationen immer wieder falsch ein. Wie das eben so üblich ist bei Teenies. Doch der erwachsene Erzähler verurteilt sein jugendliches Ich nicht. Er ist dankbar für seinen steinigen Weg, denn dieser Weg hat ihn zu dem Mann gemacht, der er am Ende ist.

'Sweet sorrow' ist ein wunderschöner Coming-of-Age Roman und eine Liebesgeschichte. Wenn auch nicht im herkömmlichen Sinn. Und der kurzen Zusammenfassung des Autors am Anfang meiner Rezension möchte ich noch hinzufügen, dass es auch eine Geschichte über die Selbstliebe ist. Denn auch das lernt Charlie durch die Theatergruppe. Die neuen Freundschaften helfen ihm dabei, sich selbst anzunehmen, sich selbst zu finden.

Ich habe diese Geschichte mit großem Interesse verfolgt. Charlie ist mir ans Herz gewachsen und ich freue mich über den Versöhnlichen Ausgang. Wer eine klassische Lovestory erwartet, mag enttäuscht sein. Aber wer sich auf eine große Geschichte über die Widrigkeiten des Erwachsen-werdens einlassen möchte, den wird dieser Roman bestens unterhalten. Mich konnte 'sweet sorrow' mindestens so begeistern wie 'Zwei an einem Tag'!