Liebe - Das vertrackte Geschäft, miteinander klarzukommen

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„Aber da ich weder beschäftigt noch glücklich war, verknallte ich mich eben.“ (S.70)

Der sechzehnjährige Charlie steht an ersten großen Wendepunkt in seinem Leben: Die Schulzeit geht zu Ende. Für seine Altersgenossen und Klassenkameraden scheint das eine unbeschwerte, aufregende Zeit zu sein. Sie genießen den langen, freien Sommer. In der Schwebe zwischen der Vergangenheit und der Zukunft.

Doch die anderen haben auch ihre Prüfungen bestanden und wissen, in wie es nach dem Sommer für sie weitergehen soll. Charlie aber ist völlig planlos. Er blickt auf eine Schulzeit zurück, in der er immer nur ein unauffälliger Mitläufer war, oberflächliche und respektlose Freundschaften geführt hat und keine Idee davon bekommen konnte, wo seine Talente und Möglichkeiten liegen. Dann trennen sich auch noch kurz vor der Prüfungsphase seine Eltern und seine Mutter lässt ihn mit seinem depressiven Vater allein.

Sein Zuhause ist also gerade kein schöner Zufluchtsort und er vertreibt sich die Zeit mit ziellosem Umherstreifen im Ort. Dabei trifft er zufällig auf Fran und andere Mitglieder einer Laientheatergruppe. Diesen Sommer wollen sie Romeo und Julia aufführen und können jeden weiteren Teilnehmer gut gebrauchen.
„Egal, was es ist, ich mach da nicht mit…“ (66) … aber Fran würde er schon gerne wiedersehen und so kommt es, dass Charlie trotzdem wieder und wieder zur Theaterprobe geht. Bis er dann doch richtig dazu gehört, eine wichtige Rolle spielt und Menschen kennen lernt, die ihm gut tun und Orientierung geben.

Und darum geht es auch im Roman: Um Freundschaften und Beziehungen zu Menschen, die uns beeinflussen. Es ist ein Coming-of-Age-Roman, kein Liebesroman. Auch wenn die Liebe im Leben einen großen Stellenwert hat und hier die erste Verliebtheit ein wichtiger Auslöser für Charlie ist, sein Umfeld umzustruktieren.

„Liebe sei immer ein zentrales Thema, wobei Liebe mittlerweile, im Zuge des Älterwerdens, ein weiter gefasster Begriff für Nicholls ist: ‚Das vertrackte Geschäft, miteinander klarzukommen. Ein gutes Elternteil zu sein, ein guter Nachkomme oder Partner - das interessiert mich.“
(Aus einem Artikel in der Brigitte 02/2020)

„Sweet sorrow“ ist ein typischer Nicholls. Ein Typ wie du und ich stolpert so durchs Leben. Wir alle können uns vermutlich noch an diese Zeit erinnern: Schulabschluss, die erste große Liebe, endlos erscheinende Sommer, in denen alles möglich ist, wenn man nur wüsste, was man denn wollte…

Nicholls schafft es die kleinen, ganz alltäglichen Begebenheiten herauszustellen und zu beschreiben, die das Leben zu dem machen, was es ist. „Sweet sorrow“ ist ein hochgradig intelligenter und charmanter Roman über das Erwachsenwerden, über die Beziehung zu den Eltern, Teenagerfreundschaften und, ja, auch über die Liebe.

„Das hier ist eine Liebesgeschichte, und nun, da sie zu Ende geht, wird mir klar, dass es im Grunde nicht nur eine ist, sondern vier oder fünf: die familiäre Liebe, elterliche Liebe, die beständige, inspirierende Liebe unter Freunden und die kurze, blendend helle Explosion der ersten großen Liebe, die man erst direkt anschauen kann, wenn sie verglüht ist." (507)