Fesselnde Flucht

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"Sweetgirl" von Travis Mulhauser lag vor 3 Tagen in meinem Briefkasten. Ich hatte mich auf dieses Buch gefreut und machte mich sogleich daran, mit dem Lesen zu beginnen.
Auf den ersten Seiten begegnete mir Percy, ein 16-jähriges Mädchen, deren Mutter drogensüchtig ist. In ihrer und der Kindheit ihrer Schwester ist die Mutter mal mehr, mal weniger verfügbar und dennoch oder gerade wegen dieser untypischen Beziehung fühlt sich das Mädchen für ihre Mutter verantwortlich. So sucht sie auch jetzt im tiefsten Schneesturm auf der Farm eines Drogendealers nach ihr. Doch was sie findet ist noch viel dramatischer und trauriger als das Bild ihrer zugedröhnten Mutter. Es ist ein Baby - halb verhungert und halb erfroren liegt das kleine Mädchen in einem Gitterbett. Die Mutter der Kleinen liegt zugedröhnt in dem verwahrlosten Haus und Percy entscheidet geistesgegenwärtig, das Kind mitzunehmen. Sie flieht mit der kleinen Jenna und es beginnt eine Verfolgungsjagd, die große Kreise zieht.

"Sweetgirl" hat mich so in seinen Bann gezogen, dass ich es an zwei Abenden durchgelesen habe. Da ich selbst vor 5 Monaten Mutter geworden bin, konnte ich mir dieses Baby im Buch so bildlich vorstellen, dass es mir unmöglich war, das Buch und somit das Schicksal der kleinen Jenna aus der Hand zu legen.Tatsächlich ist das Buch aber viel mehr als eine bloße Verfolgungsjagd. Mulhauser lässt seine Figuren vom Rand der Gesellschaft auferstehen und zeigt zutiefst menschliche Abgründe auf. Dennoch schafft der Autor es immer wieder Zuversicht und Hoffnung aufscheinen zu lassen. Der Spannungsbogen war meiner Meinung nach perfekt. Ich war gespannt und gerührt, habe mich gefreut und war traurig während ich das Buch las. Und ich war beeindruckt von Percy und ihrem Freund Portis, die, so glaube ich zumindest, auch ihr Leben für Jenna gegeben hätten.
Aber es ist auch die Geschichte über eine Abhängigkeit von einer Mutter, die selbst abhängig ist und eine Geschichte über die Liebe zu einem Menschen, der einem ein Stück Hoffnung in die Menschheit wiedergibt.

Ich kann "Sweetgirl" nur jedem weiterempfehlen. Finde allerdings, dass der Klappentext das Buch nicht gut wiedergibt. Als lustig und humorvoll habe ich diesen Text nicht erlebt. An dieser Stelle weckt die Beschreibung vielleicht falsche Erwartungen. Vielmehr ist es eine dramatische Schilderung einer Flucht aus Nächstenliebe, in der Grenzen überwunden werden, Menschen sterben und sich am Ende doch alles zum Guten wendet. Dabei schafft Travis Mulhauser das Kunststück, ein realistisches gutes Ende herbeizuführen und sich nicht in Kitsch und Schmalz zu ergehen. Insgesamt ein rundes Buch, von dem ich keine Seite bereue.